Professor Claus Oberhauser zu Gast bei der Union Stiftung Warum Verschwörungstheorien derzeit Hochkonjunktur haben

Saarbrücken · Verschwörungstheorien sind ja derzeit ein ganz heißes Eisen. Dass sie in Krisenzeiten Hochkonjunktur haben, war eine der Hauptaussagen im Vortrag von Claus Oberhauser.

Der Professor lehrt an der pädagogischen Hochschule Tirol in Innsbruck und forscht seit Jahren zum Thema Verschwörungstheorien. Die Union-Stiftung hatte ihn jetzt zu einem Online-Vortrag eingeladen.

Gleich zu Beginn kam er zum aktuellen Thema Corona. Gerade weil man noch so wenig über das Virus wisse, kämen so viele Verschwörungstheorien auf. Etwa, dass das Virus in Laboren gezüchtet wurde, um von einem gescheiterten Experiment hinsichtlich der Einführung der 5G-Technologie abzulenken; dass Bill Gates das alles vorausgesehen habe und davon profitiere. Oder: Dass es Viren gar nicht gebe, der Staat die Bürger einfach unterjochen wolle.

Man müsse Verschwörungstheorien als gesellschaftliches Problem sehr ernst nehmen, meinte Oberhauser. Der Vertrauensverlust in das etablierte System habe mit den Terroranschlägen des 11. September angefangen, seither entstünden alternative Medien im Internet. Allerdings habe es Verschwörungstheorien auch schon in der gesamten Menschheitsgeschichte gegeben, der Dozent erinnerte hier daran, wie Juden häufig der Ausbruch von Krankheiten angelastet wurde oder dass die Amerikaner 1918 glaubten, deutsche U-Boote hätten den Virus der Spanischen Grippe verbreitet. Dass John F. Kennedy von der CIA ermordet worden sei, glaubten heute über die Hälfte der US-Amerikaner.

Ein häufiges Erzählmuster von Verschwörungstheorien sei, dass eine relativ kleine elitäre Gruppe die Macht an sich reißen wolle. Grundannahmen seien „Nichts ist, wie es scheint“, „Es gibt keine Zufälle“ und „Alles ist miteinander verbunden“. Fake News, erklärte Oberhauser, seien etwas anderes als Verschwörungstheorien. Sie würden schlicht von Menschen in Umlauf gebracht, die sich absichtlich mit einer falschen Behauptung hervortun wollten. Verschwörungstheoretiker dagegen glaubten an ihre Aussagen – oder wollten Geld damit verdienen. Es gebe schließlich eine ganz Industrie, die von Verschwörungstheorien lebe und Produkte wie „Elektrosmog-Umwandler“ verkaufe.

Aber egal, ob Verschwörungstheorie oder Fake News, Gerüchte verbreiteten sich in den sozialen Medien rasend schnell, so dass die Seite der Richtigstellung immer hinterher hinke. Wer glaubt nun häufiger an Verschwörungstheorien? Oberhauser sagte, die politischen Ränder neigten eher dazu, wobei Studien festgestellt hatten, dass eher Rechtsextreme einen Hang dazu hätten. Verschwörungstheorien hätten aber häufig eine esoterische Grundlage und seien deshalb auch in diesem Umfeld weit verbreitet. Das treffe vor allem für die Gruppe der Impfgegner zu. Die Verbindung von Antisemitismus und Verschwörungstheorien sei nicht nur in Deutschland, sondern auch in den USA, im Iran und den arabischen Ländern stark vertreten.

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