Nach Demos in Saarbrücken und Saarlouis Saarländische Politiker in Sorge vor Radikalisierung der Impf-Gegner

Saarbrücken · Gewalt bei Corona-Maßnahmen gab es im Saarland bisher nicht. Die Fraktionen sind aber in Sorge, dass die Lage eskalieren und sich Rechtsextreme unter die Teilnehmer mischen könnten.

Auch im Saarland Sorge vor Radikalisierung der Impf-Gegner
Foto: BeckerBredel

Nach teils gewaltsamen Protesten von Gegnern der Corona-Maßnahmen wächst auch im Saarland die Sorge vor einer Radikalisierung. Der Innenausschuss des Landtags wird sich am Donnerstag mit dem Thema befassen. Die Ausschussvorsitzende Petra Berg (SPD) berichtete, auch im Saarland vernetzten sich Querdenker und Gegner der Corona-Politik zunehmend über Telegram-Gruppen und andere Netzwerke. „Die Grenzen zwischen friedlichem Protest, der Verbreitung von Fake-News und auch strafbaren Handlungen scheinen zunehmend zu verschwimmen“, erklärte sie.

Im Saarland hatte es zuletzt zwei größere Demonstrationen gegen die Corona-Beschränkungen und eine allgemeine Impfpflicht gegeben. In Saarbrücken gingen am Sonntag 600 Menschen auf die Straße, in Saarlouis am Freitag 300. Die Polizei sprach von „ganz normalen Leuten“ und Teilnehmern, die größtenteils aus dem „bürgerlichen Spektrum“ kämen. Kleinere Proteste in Saarbrücken waren zuvor von der Polizei aufgelöst worden, weil sie nicht angemeldet waren und die Teilnehmer gegen Auflagen verstoßen hatten.

Die Fraktionen im Landtag bekräftigten am Montag das Demonstrationsrecht. Die Fraktionschefs von CDU und SPD, Alexander Funk und Ulrich Commerçon, warnten jedoch vor einer Vermengung mit Rechtsextremisten. Jeder müsse sich überlegen, wo er da mitlaufe. In Ostdeutschland kam es zuletzt zu Ausschreitungen, bei denen mehrere Polizisten verletzt wurden.

Commerçon sagte, auch in saarländischen Gruppen würden rechtsstaatlich bedenkliche Äußerungen getätigt und Aufrufe gestartet, die den Staat, unsere Gesellschaft und unsere Demokratie bedrohen. Dagegen müsse „sehr scharf“ vorgegangen werden. Funk sagte, er könne eine Radikalisierung wie in anderen Bundesländern nicht ausschließen. „Wir sind leider nicht auf einer Insel der Glückseligen.“ Er warb aber dafür, weiter für das Impfen zu werben.

Auch die beiden Linksfraktionen gingen auf Distanz zu den Protesten, warnten aber vor einer Ausgrenzung von Ungeimpften, um einer Spaltung keinen Vorschub zu leisten. „Meine Partei, meine Fraktion würde solche Proteste nicht unterstützen“, sagte der Linken-Abgeordnete Jochen Flackus. Gleichwohl sei seine Fraktion gegen eine „Isolierung und Stigmatisierung“ der Ungeimpften. Er empfehle, „cool zu bleiben“ und eine abgewogene Diskussion zu führen, „ohne dass man gleich Leute in bestimmte Ecken drängt“.

Barbara Spaniol (Fraktion saar-Linke) sagte, es müsse unterschieden werden zwischen jenen, die ernsthaft um ihre Rechte als Ungeimpfte kämpften, und jenen, „die auf Krawall gebürstet sind“.

Die AfD-Fraktion wollte die Proteste, wie sich im Saarland bisher zeigen, nicht bewerten. „Wenn hier 600 Leute demonstriert haben, dann heißt das, dass mindestens die zehnfache Menge ungefähr ähnlich denkt“, sagte Fraktionsvize Rolf Müller. Aus ihrer eigenen Sicht hätten die Teilnehmer sicherlich gute Gründe dafür, das seien „bestimmt nicht alles Verrückte“. Müller forderte, über die Impfung müsse „offener und freier“ diskutiert werden.

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