Über 10 000 Stellen unbesetzt Agentur soll saarländische Fachkräfte vom Verlassen des Landes abbringen

Saarbrücken · Über 10 000 Stellen sind auf dem saarländischen Arbeitsmarkt unbesetzt. Saar-Wirtschaftsminister Barke begegnet dem Problem mit einer neulackierten Agentur, die Saarländer dazu bewegen soll, auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu bleiben, und Unternehmen mit jobsuchenden Fachkräften vernetzen soll.

 Wirtschaftsminister Jürgen Barke und Ricarda Jarolimeck stellen am Dienstag die Agentur „Saarland attractive“ vor.

Wirtschaftsminister Jürgen Barke und Ricarda Jarolimeck stellen am Dienstag die Agentur „Saarland attractive“ vor.

Foto: BeckerBredel

Was haben Saar-Wirtschaftsminister Jürgen Barke (SPD) und die Online-Dating-App „Tinder“ gemeinsam? Beide setzen auf „Matchmaking“, wollen also Menschen mit einander verbinden und zueinander vermitteln. Wo es aber der App Tinder um das Liebesleben der Menschen geht, hat Barke die saarländische Wirtschaft und eines ihrer größten Probleme, den Fachkräftemangel, im Blick. Mit der am Dienstag vorgestellten neuen Agentur „Saarland attractive“ will die Landesregierung kleine und mittlere Unternehmen im Saarland mit potenziellen künftigen Mitarbeitern zusammenbringen.

Unternehmen mit jobsuchenden Fachkräften untereinander vernetzen

Ganz neu ist die Idee des Ministers allerdings nicht. Sie ist vielmehr die Fortführung und Erweiterung der unter Ex-Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger (SPD) 2021 geschaffenen „Rückhol- und Halteagentur“ unter einem neuen Namen. Das Ziel von „Saarland attractive“: eine große Zahl von Unternehmen auf Mitarbeitersuche, Arbeitnehmer und Ausbildungsstätten (zum Beispiel Universitäten) untereinander zu vernetzen. „Wenn das Matchmaking am Ende funktionieren soll, brauchen wir eine kritische Masse“, so Jürgen Barke. Sprich: Möglichst viele kleine und mittelständige Unternehmen mit Fachkräftemangel sollen sich auf der Webseite der Agentur präsentieren und so Fachkräfte aus dem Saarland auf sich aufmerksam machen.

Agentur will Saarländer auf dem heimischen Arbeitsmarkt halten

Der Fokus der Agentur liegt dabei nicht darauf, Fachkräfte aus anderen Ländern abzuwerben, sondern Saarländer auf dem heimischen Arbeitsmarkt zu halten oder diese ins Bundesland zurückzuholen, erklärt Ricarda Jarolimeck, die Leiterin von „Saarland attractive“. „Zudem möchten wir im Saarland Studierende ansprechen und verhindern, dass Sie das Saarland verlassen. Erreichen wollen wir das, indem wir ihnen ihre beruflichen Perspektiven im Land aufzeigen“, so Jarolimeck. Die Agentur soll darüber hinaus heimische kleine und mittlere Unternehmen beraten und ihnen helfen, für Arbeitnehmer attraktiver und auf dem Arbeitsmarkt sichtbarer zu werden. „Die größte Verantwortung liegt bei den Unternehmen“, sagt Jürgen Barke. Das Saarland setze Rahmenbedingungen, um Probleme beim Finden von Fachkräften zu minimieren. „Aber die Unternehmen müssen auch selbst ihren Teil leisten. Und viele, das haben wir festgestellt, brauchen Beratung, um an ihrer Attraktivität als Arbeitgeber zu arbeiten“, so der Wirtschaftsminister.

Doch wie groß ist die Zahl der potenziellen Arbeitnehmer, die durch die neu verpackte Agentur für einen Arbeitsplatz im Saarland gewonnen werden könnten? Die genaue Zielgruppengröße kennt Minister Barke nicht, sagt aber: „Wenn man die Zahl der saarländischen Studierenden sieht oder auch die Pendlerströme, dann ist das schon eine sehr große kritische Menge. Das sind viele Tausende, die über dieses Instrument erreichen könnten.“

10 844 offene Stellen im Saarland (Stand Mai)

Wie groß der Fachkräftemangel im Saarland ist, zeigen die neuesten Arbeitsmarktzahlen. Mit Stand Mai gab es hierzulande 10 844 offene Stellen. Besonders gesucht werden laut Minister Barke Fachkräfte in den Branchen Produzierendes Gewerbe, Logistik, Maschinen- und Anlagenbau sowie Gastronomie. Dem stehen im Saarland 35 077 arbeitslose Menschen gegenüber. Doch eins machte Barke am Dienstag erneut deutlich: „Wir werden nicht in der Lage sein, den Bedarf der Wirtschaft, die offenen Stellen, allein mit Arbeitslosen zu decken. Wir werden die Transformation der Wirtschaft nur bewältigen können, wenn uns der Zuzug von Menschen und Fachkräften ins Land gelingt.“

Könnte hier auch eine Umzugsprämie, zum Beispiel für Rheinland-Pfälzer, helfen, wie sie Ministerpräsidentin Anke Rehlinger (SPD) in ihrer ersten Regierungserklärung 2022 vorgeschlagen hatte? Der Vorschlag wurde seitdem nicht mehr öffentlich diskutiert. „Die Überlegung wird in unserem Haus weiterbetrieben. Andere Länder tun das“, so Barke. Das Ministerium wolle das mit allen Interessensvertretern, vor allem der Saar-Wirtschaft, diskutieren. Das Ergebnis der Debatte will Barke Ende dieses Jahres präsentieren.

Die Agentur „Saarland attractive“ wird vorerst bis Ende 2023 mit 600 000 Euro aus EU-Mitteln finanziert und ist mit zweieinhalb Stellen personalisiert.

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