Land will Fördersysteme für behinderte Kinder zusammenführen

Saarbrücken. Das Sozialministerium hat seine Absicht bekräftigt, die Arbeitsstellen für Integration (AfI) und die Frühförderung in Kindertagesstätten, die beide der Eingliederung behinderter Kinder dienen, zusammenzuführen

Saarbrücken. Das Sozialministerium hat seine Absicht bekräftigt, die Arbeitsstellen für Integration (AfI) und die Frühförderung in Kindertagesstätten, die beide der Eingliederung behinderter Kinder dienen, zusammenzuführen. Der Abteilungsleiter im Sozialministerium, Bernd Seiwert, sagte gestern auf einer Tagung des Vereins Miteinander Leben Lernen (MLL), das Angebot der AfI sei durch die geplante Verzahnung nicht gefährdet, sondern werde vielmehr "inhaltlich verbessert und weiterentwickelt".Auf der Tagung wurde das 25-jährige Jubiläum der Arbeitsstellen für Integration im Saarland begangen. Diese waren vor einem Vierteljahrhundert eingerichtet worden. In anderen Bundesländern gibt es diese in dieser Form bis heute nicht. Seiwert verwies auf das laufende Modellprojekt "Frühförderung Plus" im Saarpfalz-Kreis, wo die Zusammenführung von AfI und Frühförderung bereits erprobt wird. In beiden Fällen handle es sich um heilpädagogische Maßnahmen für Kinder bis zur Einschulung, wobei die AfI in der Kita arbeite, die Frühförderung dagegen überwiegend in der Frühförderstelle oder in der Familie. Die Grenzen zwischen AfI und Frühförderung verwischten sich aber mit den Ganztageseinrichtungen. Die Frühförderung finde oft auch in der Kita statt. In Zukunft wolle man landesweit "alle Leistungen aus einer Hand anbieten". Zu diesem Zweck werde man Ende 2013 den Modellversuch im Saarpfalzkreis auswerten.

Nach Angaben von Seiwert besuchten im vergangenen Jahr bereits rund 55 Prozent aller Kinder im Saarland Regelkindergärten, 17,4 Prozent integrative Kitas und nur noch 13,3 Prozent Förderkindergärten. Um das Ziel der Inklusion zu erreichen, müsse "sich die Behindertenhilfe viel mehr als in der Vergangenheit in die gesellschaftlichen Regelstrukturen" wie Regelkindergärten und -schulen begeben. Im Saarland habe man mit den AfI "schon einen großen Schritt in diese Richtung getan".

MLL-Chef Michael Burkert verwies darauf, dass die AfI Vorreiter der Inklusion zu einer Zeit gewesen seien, in der es dieses Wort noch gar nicht gab. Eine tragende Säule des AfI-Konzepts sei von Anfang an "das systemische Verständnis von Behinderung" gewesen, das sowohl den individuellen Unterstützungsbedarf des jeweiligen Kindes, der Gegenstand der Frühförderung ist, als auch "die vielfältigen Umfeldbedingungen in den Einrichtungen im Blick hatte". Auch das Konzept des "wohnortnahen Angebots", das die UN-Behindertenkonvention fordere, sei schon immer "ein Qualitätsmerkmal des saarländischen Weges" gewesen. MLL sehe als AfI-Träger durchaus die Notwendigkeit, das so genannte Regelsystem einerseits und besondere Unterstützungssysteme andererseits zusammenzuführen. Das Modell "Frühförderung Plus" müsse sich allerdings daran messen lassen, inwiefern es Regel-Kitas in die Lage versetze, für "alle behinderten und von Behinderung bedrohten Kinder des Sozialraumes ein adäquates Bildungs- und Betreuungsangebot zu gewährleisten".

Aus dem Kreise von AfI-Fachkräften wurde auf der Tagung kritisiert, dass das Landesamt für Soziales AfI-Stunden in etlichen Fällen unzumutbar gekürzt habe. Der Sonderpädagogik-Professor Jo Jerg warnte auf der Tagung vor Einsparungen zu Lasten der AfI. Sinnvolle Investitionen, die die öffentliche Hand in diesem Bereich tätige, führten später zu Minderausgaben im Bereich der Behindertenhilfe, betonte Jerg.

Foto: Saartoto

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