„Zwei weniger“ Telegram-Nutzer feiern Doppelmord an saarländischen Polizisten in Kusel

Saarland · Bei einer Verkehrskontrolle in Kusel werden ein Polizist und eine Polizeianwärterin getötet. Beide stammen aus dem Saarland. Der Schock sitzt tief – doch auf der umstrittenen Internet-Plattform Telegram macht sich auch Freude breit.

 Tatort in Kusel: Auf Telegram kommt bei manchen Nutzern jetzt Schadenfreude über den Tod der Polizisten auf

Tatort in Kusel: Auf Telegram kommt bei manchen Nutzern jetzt Schadenfreude über den Tod der Polizisten auf

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

In den frühen Morgenstunden des 31. Januar, 4.22 Uhr, soll Andreas S. aus Sulzbach zwei junge Polizisten aus Kusel bei einer Verkehrskontrolle erschossen haben. Mit Kopfschüssen. Beide, die 24 Jahre alte Polizeianwärterin und der 29 Jahre alte Oberkommissar, stammen aus dem Saarland. Sie aus Homburg, er aus Freisen. Die Frau hätte im April ihre Ausbildung abgeschlossen.

Mord in Kusel – In Telegram-Gruppe macht sich Freude breit

Die Schreckensnachricht bewegt die Menschen deutschlandweit. Die Polizei trauert, Politiker des Landes zeigen sich geschockt. Von einer „Hinrichtung“ spricht Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Auch die Bevölkerung ist entsetzt, viele gedenken der Opfer auf den sozialen Plattformen: von Facebook über Instagram bis Twitter. Der Fußballverein FC Freisen hatte kurz darauf auch eine bewegende Traueranzeige veröffentlicht. Für den Verein hatte das männliche Opfer gespielt.

Doch es gibt auch andere Reaktionen auf die grausame Tat. In manchen Telegram-Gruppen herrscht dagegen Schadenfreude ob dieses kaltblütigen Mordes. Darüber hatte t-online zuerst berichtet. So fordert ein Nutzer in der Telegram-Gruppe „Verstehen und Handeln“ ein Spendenkonto für den Täter. Außerdem teilt er einen Bericht über die tödlichen Schüsse aus Kusel. „Zwei weniger bei den Spaziergängen“, schreibt ein weiterer Nutzer. Ein Hinweis darauf, dass er selbst Teilnehmer der Corona-Proteste ist, die regelmäßig von der Polizei beobachtet werden.

Ein dritter Nutzer konstatiert voller Schadenfreude: „Tja, selber Schuld“ und schiebt hinterher: Die Polizei habe die Aufgabe, die Menschen zu beschützen. Doch stattdessen gehe sie bei sogenannten „Spaziergängen“  gegen die Protestierenden vor.

Rehlinger findet das „widerlich“ – doch Telegram-Beiträge gibt es weiterhin. Warum?

Saarlands Wirtschaftsministerin Anke Rehlinger zeigt sich völlig geschockt über die Nachrichten auf Telegram. Auf Twitter schreibt sie: „Widerlich. Wie kann man nur so weit sinken? Ich bin sehr dankbar, dass es die Polizei so schnell geschafft hat, die zwei Tatverdächtigen zu schnappen.“ Wie hart und roh der Ton dagegen unter den 1348 Mitgliedern in der zitierten Telegram-Gruppe „Verstehen und Nutzen“ ist, zeigen mehrere Beispiele. Als Christiane Druml, Leiterin der österreichischen Bioethikkommission, eine Impfpflicht in Erwägung gezogen hatte, scheuen einige User nicht einmal vor Mordaufrufen zurück.

Wegen solcher und vieler weiterer Aufforderungen zu Gewalt steht Telegram massiv in der Kritik. Für Querdenker und Corona-Skeptiker ist der Messenger-Dienst inzwischen der wichtigste Kommunikationskanal. Erst Mitte Januar hatte Bundesinnenministerin Nancy Faeser klargemacht, die Telegram-App müsse aus dem Angebot von Google und Apple verbannt werden. Die 51-jährige Politikerin wollte die beiden Tech-Giganten dazu auffordern. Doch dieser Schritt gilt als sehr umstritten. Das gefährde die Meinungsfreiheit, intervenieren Kritiker. Angezweifelt wird auch, ob ein Telegram-Verbot über Google und Apple Wirkung zeigt – die App sei dann für Mobilgeräte schwer zu erhalten, könnte aber immer noch über Computer geöffnet werden.

Beim Treffen der Innenminister am Freitag, 29. Januar, war davon jedoch keine Rede mehr. Stattdessen versprach Faeser, die Politik wolle über  Strategien beraten, um gegen Mordaufrufe und Gewalt auf Telegram vorzugehen. Diese Inhalte sollen „gelöscht werden“, so der Plan. Insbesondere Google zeige sich "sehr kooperativ", sagt Faeser.

Der Ausgang ist noch offen – eine Entscheidung nach den beiden Morden aber dringender denn je.

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