Kurioses und Bekanntes auf nur einer Seite

Saarbrücken. "Wir fordern die schrittweise Verdopplung des Kulturetats" gaben sich die Saarbrücker Linken in ihrem Programm zur Kommunalwahl noch kämpferisch. Die Grünen/Bündnis 90 versprachen immerhin, sich für eine "deutliche Anhebung" des Etats einzusetzen

Saarbrücken. "Wir fordern die schrittweise Verdopplung des Kulturetats" gaben sich die Saarbrücker Linken in ihrem Programm zur Kommunalwahl noch kämpferisch. Die Grünen/Bündnis 90 versprachen immerhin, sich für eine "deutliche Anhebung" des Etats einzusetzen. Erwarten uns unter Rot-Rot-Grün nun also rosige Zeiten für die Kultur - in einer hochverschuldeten Landeshauptstadt? Der Blick in den Bündnisvertrag offenbart, dass auch die beiden kleineren Koalitionäre nach der Wahl einen Gang zurückgeschaltet haben. In vielen Punkten, teils sogar im Wortlaut, folgt das Kultur-Papier von Rot-Rot-Grün dem Wahlprogramm der SPD, fasst sich jedoch sehr viel kürzer. Von 20 Vertragsseiten widmet sich nur eine der "Kulturstadt" - das ist prozentual noch weniger als im Vertrag der Jamaika-Koalition auf Landesebene.Wie dort ist auch hier vor allem vom "Erhalten und Sichern" der bestehenden Kultureinrichtungen die Rede, vom "Anheben" von Mitteln nur einmal, "schrittweise" heißt es da gedämpft: bei der Freien Szene. Offen ist, ab wann. "Neue, kreative Ansätze" sollen sich entwickeln können und gefördert werden. Wer soll die Innovation leisten? Nur und ausgerechnet die unter ärmsten Bedingungen kreierende Freie Szene? Wie steht's mit Nachwuchsförderung? Was also will Rot-Rot Grün? Zunächst das, was für alle Drei unstrittig war: Leuchttürme wie die Festivals Perspectives und Max Ophüls "auf hohem Niveau fördern", die städtischen Einrichtungen Filmhaus samt Filmamt, Kleines Theater erhalten. Bleiben soll auch die Stadtgalerie, die im "Kultur-für-alle"-Programm der Linken noch kein Thema war - und zwar: "als Schaufenster der zeitgenössischen Kunst". Dies ist die einzige inhaltliche Präzisierung zu den genannten Institutionen, die aus dem SPD-Papier erhalten blieb. Wogegen die Grünen bei der geplanten Neunutzung des Feuerdrachens als freie Spielstätte sich nun mit einer kurios anmutenden konkreten Zusatz-Forderung durchsetzen konnten, die sie noch nicht einmal in ihrem Wahlprogramm hatten: Man solle dabei den Verein "Feuerdrache e.V." mit einbeziehen, also eben jene Antifa-Gruppen, kurdischen und sonstigen Vereine, die die Stadt 2004 herausgekündigt hatte, um für das Gebäude finanzkräftigere Mieter zu finden. Allerdings hat die Verwaltung das Spielstätten-Projekt mangels solventen Interessenten vorerst auf Eis gelegt. Zwei überraschende Detail-Projekte, hinter dem die Grünen vermutet werden dürfen: Eine Gedenktafel für den SPD-Mann und Antifaschisten Max Braun soll in der Großherzog-Friedrich-Straße errichtet werden und "citynah" eine Gedenkfläche für die im Holocaust ermordeten Saarbrücker Juden. Und was fiel bei den Verhandlungen unter den Tisch? Konkret etwa der Plan der Linken, das Stadtarchiv durch eine "Kinemathek" zu erweitern. Ebenso die Themen "Aufwertung des industriekulturellen Erbes" (Grüne, Linke) und "Förderung der grenzüberschreitenden Kultur" (Linke, SPD), bei denen die Vertragspartner, folgt man ihren Wahlprogrammen, verschiedene oder auch nur vage Vorstellungen hatten. Vergeblich sucht man auch eine Positionierung zu Kulturinstitutionen des Landes. Kein Wort mehr von der aktiven Zusammenarbeit mit dem Land bei der Entwicklung der Kulturmeile und dem Ausbau der Modernen Galerie (Linke-Wahlprogramm). Fazit: ein reines "Weiter so, wie gehabt"-Programm.

HintergrundVersprochen hat die rot-rot-grüne Koalition, die Fördermittel für die Freie Szene schrittweise anzuheben. Die jüngste Stadtratssitzung hätte die erste Gelegenheit geboten, dieses Versprechen einzulösen und ein Signal zu setzen. Die Koalition hat sie nicht genutzt. Die einzigen drei Änderungsanträge zum Kultur-Haushalt 2010 hatte die FDP eingebracht. Mit Zustimmung der Koalition erhalten das Kulturzentrum KuBa (plus 8500 Euro), das Amt für Schulkultur (plus 10 000 Euro) und die Musikhochschule (plus 17 850) so für Projekte mehr Geld. sbu

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort