Kunde eines insolventen Stromanbieters soll "draufzahlen"

Gersheim. "Jetzt zieht uns auch noch der Konkursverwalter über den Tisch", sagt Rainer Hippchen aus Gersheim verärgert über den insolventen Energieversorger "Teldafax"

Gersheim. "Jetzt zieht uns auch noch der Konkursverwalter über den Tisch", sagt Rainer Hippchen aus Gersheim verärgert über den insolventen Energieversorger "Teldafax". Nicht genug, dass der SZ-Leser-Reporter nun nicht mehr mit Strom versorgt werde - jetzt solle er auch noch nachzahlen, obwohl er bereits ein "Strompaket" von 2500 Kilowattstunden für 375 Euro gekauft hat.Bis zur Beendigung des Vertrages durch die Insolvenz habe Hippchen nur rund 1800 Kilowattstunden verbraucht. Nach seinen Berechnungen würde ihm daher ein "Restguthaben" von zirka 180 Euro zustehen. Doch kürzlich habe er einen Brief eines Inkassobüros erhalten, das im Auftrag des Insolvenzverwalters tätig ist. Unter Androhung weiterer Gebühren sollte er innerhalb von sieben Tagen 193 Euro bezahlen. "Die Stromabrechnung, welche dem Schreiben beigefügt war, konnte von mir nicht nachvollzogen werden", sagt der SZ-Leser.

Er habe deshalb Widerspruch eingelegt und dann vom Insolvenzverwalter eine "Forderungsanmeldung" erhalten, in der seine gezahlten 375 Euro als registrierte Forderung aus der Insolvenzmasse auftauchen. "Dass ich davon kaum etwas erhalten werde, ist schon absehbar", meint Hippchen. Er fühle sich durch "juristische Spitzfindigkeiten" verschaukelt.

Wolfgang Weber-Thedy vom "Teldafax"-Insolvenzverwalter erklärt, dass der Konzern aus 14 Einzelgesellschaften bestanden habe. "Auch wenn diese bis zur Stellung der Insolvenzanträge von außen vielfach als wirtschaftliche Einheit angesehen wurden, handelt es sich um eigenständige Rechtspersonen und Vertragspartner." Die Strom- und Gaslieferungen der einzelnen Gesellschaften seien zudem auf der Basis von über 300 verschiedenen Tarif- und Vertrags-Varianten wie beispielsweise Preisgarantien oder - wie im Falle des SZ-Lesers - von Strompaketen erfolgt. Diese seien oft auch noch miteinander kombiniert worden, sagt Weber-Thedy. "Insbesondere im Rahmen eines Insolvenzverfahrens haben die jeweiligen Varianten sehr unterschiedliche rechtliche Auswirkungen."

Die komplexen vorgefundenen Gesellschafts- und Vertrags-Strukturen seien durch den Insolvenzverwalter umfassend aufgearbeitet worden. "Unter hohem organisatorischem und logistischem Aufwand" habe man rund 750 000 Verbrauchs-Abrechnungen bearbeitet. Diese bildeten die Grundlage für Forderungen oder Verbindlichkeiten des einzelnen Kunden beziehungsweise der jeweiligen Gesellschaft, so Weber-Thedy. Abschlagszahlungen würden mit den tatsächlich erbrachten Lieferungen verrechnet.

In einzelnen Fällen - wie bei dem SZ-Leser - würden die Forderungen und Verbindlichkeiten des Kunden aber verschiedene Gesellschaften betreffen. "Hier sind Verrechnungen mitunter aus zivil- und insolvenzrechtlichen Gründen nicht erlaubt", so der Sprecher. Dann erhalte der Kunde eine Zahlungs-Aufforderung einer Gesellschaft und ein Formular zur Forderungs-Anmeldung gegen eine andere. "Auch wenn dieses Ergebnis im Einzelfall als unbillig empfunden wird, entspricht es Recht und Gesetz und muss durch den Insolvenzverwalter so durchgesetzt werden", so Weber-Thedy. mv

Den Tipp für diesen Artikel bekamen wir von Rainer Hippchen aus Gersheim. Wenn Sie auch Interessantes zu erzählen haben, wenden Sie sich per SMS an Tel. (06 81) 5 95 98 00 oder per Mail an: leser-reporter@sol.de.

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