"Krisen aktiv aushalten"

Herr Wild, sind Sie am Sonntag im Trierer Dom dabei, wenn Mutter Rosa selig gesprochen wird?Wild: Ja, zusammen mit zehn bis 15 Mitarbeitern unserer Einrichtung. Eine Gruppe Kinder und Jugendlicher von uns gestaltet den Gottesdienst mit, eine andere führt im Rahmenprogramm Jonglage auf

 Franz-Josef Wild leitet seit 15 Jahren das Haus Mutter Rosa in Wadgassen. Foto: Thomas Seeber

Franz-Josef Wild leitet seit 15 Jahren das Haus Mutter Rosa in Wadgassen. Foto: Thomas Seeber

Herr Wild, sind Sie am Sonntag im Trierer Dom dabei, wenn Mutter Rosa selig gesprochen wird?Wild: Ja, zusammen mit zehn bis 15 Mitarbeitern unserer Einrichtung. Eine Gruppe Kinder und Jugendlicher von uns gestaltet den Gottesdienst mit, eine andere führt im Rahmenprogramm Jonglage auf.Was in Ihrer Einrichtung erinnert an Mutter Rosa, Ihre Namensgeberin?Wild: Im Eingangsbereich steht eine Info-Tafel über ihr Leben und Wirken. Wir haben Kalender und einen Film hergestellt. Zwei Mal im Jahr feiern wir mit Kindern und Jugendlichen einen Gottesdienst in der Pfarrkirche. Bis zu vier Mal im Jahr begehen wir einen Wortgottesdienst in unserer neuen Kapelle. Und ein, zwei Mal im Jahr fahren Kinder von hier nach Waldbreitbach, zum Sitz des Ordens der Franziskanerinnen. Da hat auch Mutter Rosa gelebt.Hat Ihre Namensgeberin in irgendeiner Weise mit Ihrer konkreten Arbeit zu tun?Wild: Erheblich! In den 90er Jahren kamen mehrere Tendenzen zusammen. Da wurden Erziehungsprinzipien überdacht. Man besann sich auf seine Ursprünge. Die Entwicklung von Leitbildern, die eine Einrichtung erkennbar werden lassen, stand hoch im Kurs. Wir definierten neu, was Erziehung ist: Strukturen setzen, Handeln. Das hat viel mit Mutter Rosa zu tun, in deren Wirken sich im Wesentlichen das Leitbild der Franziskanerinnen begründet. Dafür steht zum Beispiel unsere Einstellung, jedes Kind und jeden Jugendlichen vorbehaltlos aufzunehmen. Mutter Rosa ist uns darin ein Vorbild. In ihr wurzelt unser Bewusstsein, dass es um Menschen geht, Nächstenliebe.Was bedeutet das konkret?Wild: Wenn ich jeden bewusst aufnehme, dann ist das eine Entscheidung für dieses Kind oder diesen Jugendlichen. Darin steckt das Bekenntnis: Wir müssen dich aushalten und ertragen, so wie die Jugendlichen uns auch ertragen müssen.Was können Sie aus der Haltung von Mutter Rosa lernen?Wild: Zum Beispiel, sich Kraft geben zu lassen von der Gewissheit und Hoffnung, es schaffen zu können. Nicht aus einer Wut heraus zu handeln. Wut als Antrieb gab es für Mutter Rosa nie, auch wenn ihr manchmal danach zu Mute war. Sie legte Wert darauf, nicht bloß mit gutem Willen, sondern mit fachlicher Qualifikation zu arbeiten. Wir brauchen gut ausgebildete Leute, um mit den Kindern und Jugendlichen Schritt für Schritt weiter zu kommen. Auf Mutter Rosa geht auch unsere Einstellung zurück, keine Entscheidungen in Krisen zu fällen. Wir müssen Krisen aktiv aushalten, bis sie vorbei sind. Das verbindet.Sagt den Kindern und Jugendlichen hier der Name Mutter Rosa etwas?Wild: Sicher. So gut wie alle wissen, wer Mutter Rosa war.

Auf einen BlickDas heilpädagogische Zentrum Haus Mutter Rosa Wadgassen wurde Mitte der 70er Jahre als einzige eigene Jugend-Einrichtung der Marienhaus GmbH des Ordens der Waldbreitbacher Franziskanerinnen gegründet. Es hilft Eltern und Kindern bei Erziehungsschwierigkeiten auf der Basis des Kinder- und Jugendhilfe-Gesetzes (KJHG). Rund 200 Kinder und Jugendliche aus dem ganzen Saarland werden derzeit betreut: stationär, teilstationär oder ambulant.Das Haus hat elf stationäre Wohngruppen und fünf Tagesgruppen an verschiedenen Orten; 20 Jugendliche leben in der Form des betreuten Wohnens. Insgesamt verfügt das Haus über rund 120 Stellen - vom Hausmeister über Erzieher und Psychologen bis zum Leiter. Das Haus übernimmt außerdem den Bereitschaftsdienst fürs Kreisjugendamt. weZur PersonMargaretha Rosa Flesch, Mutter Rosa, wurde am 24. Februar 1826 in Schönstatt geboren und starb am 25. März 1906 im Kloster Marienhaus bei Waldbreitbach. Gründerin der Waldbreitbacher Franziskanerinnen, deren Marienhaus GmbH heute fast 60 Einrichtungen vor allem für alte und kranke Menschen trägt. Mutter Rosa kümmerte sich vor allem um Arme und um Waisenkinder. Mutter Rosa wird am Sonntag, 4. Mai, selig gesprochen. Der Fernsehsender Phoenix überträgt ab 15 Uhr dazu einen Gottesdienst aus dem Trierer Dom. we

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