Stellenabbau Kripo-Beamte gehen auf dem Zahnfleisch

Saarbrücken · Der Berufsverband BDK spricht von einer dramatischen Verschlechterung bei der Kriminalpolizei. Die Behörde räumt Probleme ein. Es werde aber bereits daran gearbeitet.

 Landespolizeipräsident Norbert Rupp hat personelle Engpässe bei den Ermittlern eingeräumt.

Landespolizeipräsident Norbert Rupp hat personelle Engpässe bei den Ermittlern eingeräumt.

Foto: picture alliance / Friso Gentsch/Friso Gentsch

Bei der saarländischen Polizei wird immer deutlicher, welche Lücken der 2011 beschlossene Stellenabbau reißt. Seither wurden 140 Beamtenstellen gestrichen, 130 weitere sollen bis 2020 folgen. Stoppen lässt sich dies nicht mehr, weil die jetzt eingestellten Anwärter erst 2021 mit ihrer Ausbildung fertig werden. Besonders groß sind die Löcher nach Ansicht des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK) bei der Kriminalpolizei. Die Situation habe sich in den letzten Monaten dramatisch verschlechtert, beklagt der BDK in einer Stellungnahme. „Die Stimmung der Kollegen in der Kriminalitätsbekämpfung kann man mit desillusioniert bis resignativ beschreiben.“

Die Polizei-Führung räumt Probleme ein. „Die Situation ist extrem schwierig. Es soll nichts schöngeredet werden“, sagte Landespolizeipräsident Norbert Rupp der SZ. „Wir haben aber schon viele Maßnahmen eingeleitet und zerbrechen uns tagtäglich den Kopf darüber, wie wir die Not möglichst gering halten beziehungsweise auf alle Schultern verteilen.“ Er verweist auf die Einstellung von 21 Ermittlungshelfern und 30 Mitarbeitern des Polizeilichen Ordnungsdienstes (POD). Sie sollen die Polizeibeamten entlasten, sodass diese mehr Zeit haben für ihre Ermittlungen. Außerdem gibt es in der Polizei nun angestellte Islamismus- und IT-Experten.

Der BDK hält insbesondere den 24 Stunden am Tag besetzten Kriminaldauerdienst für „kaum noch handlungsfähig“. Die 23 Mitarbeiter ermitteln bei Delikten wie Mord, Totschlag, Raub oder Wohnungseinbrüchen, insbesondere außerhalb der allgemeinen Dienstzeiten. Ständig müssen jedoch Beamte anderer Fachdezernate aushelfen, damit der Kriminaldauerdienst seine Arbeit machen kann – das wiederum reißt Löcher an anderer Stelle. „Viele Fachdezernate sind bereits jetzt schon bis an den Rand der Leistungsfähigkeit belastet, manche darüber hinaus“, kritisiert der BDK.

Der Chef der Direktion 2 (Landeskriminalamt) im Landespolizeipräsidium, Harald Schnur, bestätigt Probleme beim Kriminaldauerdienst: „Das ist nicht neu. Wir sind da dran.“

Ein weiterer Kritikpunkt des BDK: In der Direktion 2 seien zahlreiche Sachbearbeiter-Stellen nicht besetzt. Das bestätigen auch Rupp und Schnur. Das seien „bewusste Entscheidungen“ gewesen, die „unheimlich schwergefallen“ seien und wehtäten. Die Gefährdungslage habe sich seit der Polizeireform 2011 geändert, daher müssten die Prioritäten auch anders gesetzt werden.

Laut Rupp und Schnur wurden zum Beispiel die Bekämpfung der Wohnungseinbrüche und der Cyber-Kriminalität sowie der Staatsschutz personell gestärkt – dafür seien Beamte aus anderen Bereichen abgezogen worden. Gleiches gelte für zwei Mordkommissionen, in denen auch Ermittler anderer Dezernate mitarbeiteten. Es seien bereits intelligente Lösungen gefunden worden, an weiteren werde gearbeitet.

Zur Entlastung der Polizisten ist zum Beispiel geplant, Ermittlungen bei einfachen Sachverhalten zu verkürzen. Auf eine aufwendige Vernehmung von Personen in der Dienststelle soll verzichtet werden, wenn diese eine schriftliche Stellungnahme abgeben. Ein Konzept zur Ausweitung dieses sogenannten „vereinfachten Verfahrens“ wird derzeit zwischen Innen- und Justizministerium abgestimmt. Bis zu 30 000 der 77 000 Straftaten pro Jahr könnten auf diese Weise zügiger bearbeitet werden, schätzt Schnur.

Die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) traf sich unterdessen mit Innenminister Klaus Bouillon (CDU). Sie lobte zusätzliche Stellen für Tarifbeschäftigte und eine deutliche Verbesserung der Ausstattung. In den letzten 30 Jahren sei nicht annähernd so viel in die saarländische Polizei investiert worden wie unter Bouillon. Die Gewerkschaftsvertreter machten jedoch auch die angespannte Personalsituation deutlich. „Der fortlaufende Personalabbau bei den Beamten und der damit festgelegte Abbaupfad vor allem in der Fläche hinterlässt deutliche Spuren“, erklärte der Landesvorsitzende Sascha Alles in einer Mitteilung.

Einig sei man sich mit Bouillon gewesen, die Möglichkeiten des POD deutlich auszubauen, um Dienststellen besser zu entlasten. 2018 soll der POD um zehn Mitarbeiter, 2019 um fünf weitere Mitarbeiter verstärkt werden. Nach Darstellung der DPolG will Bouillon zudem prüfen lassen, wie Polizisten von polizeifremden Aufgaben entlastet werden können.

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