Flucht wegen Ukraine-Krieg Saar-Uni rechnet mit großem Exodus aus ukrainischen Partner-Unis und sucht Wohnraum

Saarbrücken · Die Universität des Saarlandes will ihren Partneruniversitäten in der Ukraine helfen. Geflüchtete Studierende und Wissenschaftler sollen hier unterkommen, forschen, lehren und lernen können – und auch finanziell unterstützt werden. Einige sind schon da.

 Ihren Protest gegen Putins-Krieg in der Ukraine zeigen viele Menschen. Auch an den Universitäten.

Ihren Protest gegen Putins-Krieg in der Ukraine zeigen viele Menschen. Auch an den Universitäten.

Foto: BeckerBredel

Yuliya Stodolinska ist Gastwissenschaftlerin in der Amerikanistik der Universität des Saarlandes. Im Rahmen des Ostpartnerschaftsprogrammes des Deutschen Akademischen Austauschdienstes (DAAD) war ihr Aufenthalt in Saarbrücken schon länger geplant. Nun ist die Philologin und Kulturwissenschaftlerin nicht nur im Austausch, sondern mit ihrer Familie auf der Flucht – und erlebt am eigenen Leib das, was sie erforscht: Grenzraumerfahrungen in Krisenzeiten. („The Bio‑Politics of Borders in Times of Crisis“). Stodolinska kommt von der Petro Mohyla Schwarzmeer-Universität in Mykolajiw. Als sie von ihren Erfahrungen auf der Pressekonferenz der Uni zur Ukraine-Hilfe erzählt, kann sie die Tränen nur schwer zurückhalten. „Gerade wurde Mykolajiw von den Russen bombardiert. Es soll auch mein Wohngebiet getroffen haben“, sagt sie auf Englisch. „Ich bin so dankbar, dass ich mit meiner Familie hier sein kann. Es ist so friedlich. Die Vögel zwitschern.“ Die Runde schweigt betroffen.

Yuliya Stodolinska hat Glück gehabt. Tausende Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen und Studierende aus der Ukraine wollen jetzt ebenfalls flüchten. Der Deutsche Akademische Austauschdienst (DAAD) und die Hochschulrektorenkonferenz (HRK) schätzen, dass es bis  zu 100 000 Menschen sein werden, die man in Forschung und Lehre nicht nur kurzfristig integrieren müsse.

 „Es gibt eine große Hilfsbereitschaft“, sagt der Präsident der Saar-Uni Manfred Schmitt. Gemeinsam mit dem Studentenwerk, der Studierendenvertretung und weiteren Partnern entwickele man gerade Hilfsmöglichkeiten.  „Es gibt vom Deutschen Akademischen Austauschdienst (DAAD) und verschiedenen wissenschaftlichen Stiftungen Fördermittel und neu aufgelegte Hilfsprogramme für die Ukraine. Diese zum Teil vorhandenen, zum Teil noch zu beantragenden Fördermittel können wir nutzen, um Ukrainierinnen und Ukrainer an der Universität zu halten oder neu aufzunehmen“, erläutert Manfred Schmitt. Was man nun brauche, seien nicht nur Spenden, sondern auch Wohnraum. Und zwar schnell. Denn bei der Unterbringung stoße man zunehmend an Grenzen.

 Noch sind es nur wenige ukrainische Wissenschaftler und Studierende, die ins Saarland geflüchtet sind. Aber das International Office der Uni, das die Auslandskontakte und -kooperationen betreut, bereitet sich auf einen Ansturm vor und hat finanzielle Mittel kreativ umgeschichtet, um Stipendien und Unterstützung zahlen zu können. Auch mit dem Land sei man zwecks schneller Hilfen in Verhandlungen. Alles soll unbürokratischer werden.

Die institutionelle Kooperation mit Partner-Universitäten in Russland habe man eingefroren, „auch wenn Kontakte auf informeller, individueller Ebene weiter bestehen“, sagt Schmitt. Zwar hätten sich rund 10 000 russische Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler in einem offenen Brief gegen Putins Krieg positioniert. Die russische Hochschulrektorenkonferenz aber hat Putin volle Unterstützung zugesagt. „Dem Präsidium ist gerade deshalb wichtig zu unterstreichen, dass wir auch den Studierenden sowie Beschäftigten aus Russland und Belarus die volle Unterstützung bei ihrem Studium und ihrer Arbeit an der Universität des Saarlandes zusichern.“ Denn viele von ihnen seien ganz klar gegen diesen Angriffs-Krieg.

Nun ist erst Mal schnelle Hilfe gefragt. Man müsse das Angebot an Deutschkursen ausbauen, die Kinder der Geflüchteten vernetzen und gegebenenfalls in der Betreuung unterbringen, Wohnraum akquirieren.  Um die Lehre an ukrainischen Partnerunis zu unterstützen – dort wo sie noch stattfinden kann – sollen Online-Angebote entwickelt werden. Über den DAAD soll es sogenannte „Leadership-Programme“ für zukünftige Führungskräfte geben, die nach einer späteren Stabilisierung der Lage Führungsaufgaben in der Ukraine übernehmen können. Denn dem zerbombten Land droht nun ein riesiger Verlust der am besten Ausgebildeten. Und schließlich will man  akademisch vorqualifizierte Fachkräften mit Blick auf den deutschen Arbeitsmarkt weiterbilden.

 Ausführliche Infos der Saar-Uni:  https://www.uni-saarland.de/global/welcome-center/ukraine.html

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