Kommentar Sensation bei OB-Wahl in Saarbrücken

Saarbrücken · Das Ergebnis der Oberbürgermeisterwahl in Saarbrücken ist eine Sensation, die über das Saarland hinaus stark beachtet wird. Die SPD hat nach mehr als vier Jahrzehnten den Chefsessel im Rathaus und in einer ihrer Hochburgen verloren.

 Peter Stefan Herbst

Peter Stefan Herbst

Foto: SZ/Robby Lorenz

Die CDU stellt nach langer Zeit bundesweit wieder einen OB in einer Landeshauptstadt – und dies entgegen dem sich seit Jahren verschärfenden Großstadt-Problem der Union.

Die SPD muss trotz unerwarteter Erfolge in anderen Saar-Kommunen, wie Bieskastel oder Mandelbachtal, die allerdings weniger beachtet wurden, eine weitere bemerkenswerte, unerwartete und besonders bittere Niederlage einstecken. Denn der Wahlausgang in Saarbrücken war so nicht absehbar. Im Gegenteil: Charlotte Britz (SPD) hatte sehr gute Voraussetzungen zu gewinnen. Mit einem hohen Bekanntheitsgrad und dem seit 2004 erworbenen Amtsbonus ging sie am Sonntag als klare Favoritin in die Stichwahl. 2011 wurde sie noch im ersten Wahlgang mit mehr als 57 Prozent im Amt bestätigt und deklassierte mit mehr als 30 Prozentpunkten Vorsprung ihren damaligen Herausforderer und heutigen Finanzminister Peter Strobel (CDU). Im Vergleich verlor sie im ersten Wahlgang am 26. Mai mehr als 20 Prozentpunkte. Dennoch lag sie klar vor ihrem weniger bekannten Herausforderer Uwe Conradt (CDU) und blieb die Favoritin.

Doch was gab den Ausschlag für die Sensation? Parteifreunde von Britz kritisieren schon länger, dass sie in ihrer zweiten Amtszeit zunehmend misstrauisch, kritikunfähig und beratungsresistent geworden sei. Zuerst habe der Rückhalt bei Genossen im Rathaus nachgelassen. Einige soll sie sogar massiv verprellt haben. Dies würde auch den Eindruck eines Wahlkampfes mit angezogener Handbremse erklären, der sich beim Engagement einiger Saarbrücker Sozialdemokraten im OB-Wahlkampf aufdrängte. Es konnten deshalb nicht genügend Bürger für Britz mobilisiert werden. Bei niedriger Wahlbeteiligung und dem knappen Ergebnis dürften daneben eigene Fehler von Britz, wie beim dilettantischen Vorgehen rund um den Stadionneubau oder beim Personalchaos in der Berufsfeuerwehr wahlentscheidend gewesen sind.

Aus eigener Kraft hätte es Conradt wohl nicht geschafft. Die für die CDU in einem schwierigen Umfeld sich bietenden Chancen hat er aber konsequent genutzt. Bei deutlich schlechteren Voraussetzungen  machte er anfangs nur wenige Fehler und wurde zunehmend trittsicherer. Mit einem Fahrrad-Wahlkampf umwarb er Wähler der Grünen. Dass die auch in Saarbrücken erstarkte Partei keine Wahlempfehlung für Britz abgegeben hatte, dürfte ein weiterer Baustein für seinen Erfolg gewesen sein.  Sein Sieg und der seines Parteifreundes Ulli Meyer, der das OB-Amt in St. Ingbert eroberte, geben der CDU Saar neuen Schwung. Trotzdem muss die CDU einen peinlichen Rückschlag hinnehmen, der auch bundesweit beachtet wird. Sie hat das Bürgermeisteramt in ihrer Hochburg Püttlingen verloren. Es ist die Heimat der Bundesvorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer.

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