"Kluge Köpfe in der Stadt halten"

Saarbrücken. Ein Pfälzer soll der Wirtschaftsförderung in Saarbrücken neuen Schwung geben: Die rot-rot-grüne Stadtratskoalition hat Lothar Kuntz (Foto: Stadt), einen 48-jährigen Juristen, als neuen Amtsleiter durchgesetzt. Er ist auch für die Themen Arbeitsmarkt und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zuständig

Saarbrücken. Ein Pfälzer soll der Wirtschaftsförderung in Saarbrücken neuen Schwung geben: Die rot-rot-grüne Stadtratskoalition hat Lothar Kuntz (Foto: Stadt), einen 48-jährigen Juristen, als neuen Amtsleiter durchgesetzt. Er ist auch für die Themen Arbeitsmarkt und grenzüberschreitende Zusammenarbeit zuständig. Fühlt er sich als zweite Wahl, nachdem die Verwaltung bereits 2010 eine Frau eingestellt hatte, die aber schnell das Handtuch warf? Kuntz: "Ich empfinde das nicht so." Er habe als Selbstständiger viel mit Landesministerien zu tun gehabt und Pendler über die Arbeitsbedingungen in der Großregion Saar-Lor-Lux beraten. Deshalb sei er für den Job qualifiziert. Und Kuntz hat klare Vorstellungen: Es reiche heutzutage nicht mehr, ansiedlungswilligen Firmen eine Fläche anzubieten. Mindestens genauso wichtig sei es für die Unternehmen, hier auch qualifizierte Arbeitskräfte zu finden. "Dafür müssen wir schon die Grundlagen im Kindergarten legen", sagt Kuntz. Deshalb begreift er die Wirtschaftsförderung als Aufgabe über die Grenzen der einzelnen Dezernate hinweg. Er will die Zusammenarbeit mit der Bundesagentur für Arbeit, dem Jobcenter, das die Langzeitarbeitslosen betreut, und den Bildungsträgern verbessern und so die Ausbildung fördern. Trotz hoher Arbeitslosigkeit sei Saarbrücken ein attraktiver Wirtschaftsstandort, glaubt Kuntz. Das belege auch die Zahl von 67 000 Pendlern. Stadtpressesprecher Thomas Blug ergänzt, dass in Saarbrücken immerhin 30 Prozent der Wirtschaftsleistung des Saarlandes erbracht werde. Und beim Vergleich der Einwohnerzahl mit den Arbeitsplätzen in der Stadt liege Saarbrücken sogar bundesweit unter den besten zehn: 178 000 Einwohnern stünden 102 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze gegenüber. Auch die Baumaßnahmen in der Stadt, zum Beispiel an der Berliner Promenade, wirkten sich positiv auf die Wirtschaft aus, meint Kuntz. Das werde bundesweit von Handelsunternehmen wahrgenommen, die sich hier ansiedeln wollten.Ein Problem sieht Kuntz darin, dass viele Absolventen der Uni und der Hochschule für Technik und Wirtschaft nach ihrem Abschluss das Saarland verlassen. Diesen Trend will der neue Amtsleiter in Zusammenarbeit mit der Landesregierung und den Hochschulen stoppen und die Nachwuchskräfte überzeugen, sich in Saarbrücken selbstständig zu machen. Viele kluge Köpfe seien für das Saarland verloren, weil die Hochschul-Absolventen weggingen.

Eine seiner Hauptaufgaben sieht Kuntz darin, große Arbeitgeber wie ZF unbedingt in Saarbrücken zu halten. Der Getriebehersteller wird sich erweitern und eine Halle bauen. 200 Arbeitsplätze sollen dort entstehen. Weil Saarbrücken zu wenige freie Flächen habe, sei es wichtig, alte Industriebrachen neu zu nutzen. Der neue Amtsleiter plädiert auch dafür, die Großregion stärker in den Blick zu nehmen. Wenn es in Saarbrücken keine geeignete Fläche gebe, sollten Unternehmen in der Region, zu der er ausdrücklich die Städte Forbach und Saargemünd zählt, angesiedelt werden. Das habe weitere Investitionen zur Folge, von denen auch die anderen Kommunen profitierten. Deshalb will Kuntz enger mit der Wirtschaftsförderung des Regionalverbandes zusammenarbeiten und das Kirchturmdenken der Städte und Gemeinden überwinden. Wobei er selbstbewusst sagt: "Die Landeshauptstadt hat die Federführung."

"Es reicht nicht mehr, ansiedlungswilligen Firmen eine Fläche anzubieten."

Lothar Kuntz

Zur Person

Lothar Kuntz ist seit 1. Januar Amtsleiter für Wirtschaftsförderung, Arbeitsmarkt und grenzüberschreitende Zusammenarbeit. Er studierte Jura an der Saar-Uni. Es folgten Studienaufenthalte in Barcelona, London, Amsterdam und Wien. Kuntz arbeitete ein Jahr beim städtischen Amt für kommunale Arbeitsmarktpolitik und bei der EU-Informationsstelle, bevor er 1998 eine Unternehmensberatung gründete und Pendler in der Großregion beriet. sm

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