Klanggewaltig und aufwühlend im Dillinger Saardom

Dillingen · Gut besucht war die Vorabendmesse im Dillinger Saardom: Unter Leitung von Professor Leo Kraemer aus Speyer sang der Philharmonische Chor an der Saar, der in Schwalbach beheimatet ist, die "Missa choralis" von Liszt.

Dillingen. Klangmächtig, aufwühlend, mitunter nahezu aufdringlich und ein wenig laut erlebten die Gläubigen die "Missa choralis" von Franz Liszt, mit der der Philharmonische Chor an der Saar den Vorabendgottesdienst im Dillinger Saardom gestaltete. Auf der Orgelbank saß Professor Leo Kraemer, umgeben von seinen Choristen auf der Empore.Dem anspruchsvollen Alterswerk liegt der Gregorianische Choral zugrunde. Ungemein organisch lässt Liszt die Stimmen fließen, wobei er gleichzeitig dramatische Akzente durch kühne Harmonien und dynamische Kontraste setzt und dem Werk dadurch geradezu avantgardistischen Charakter verleiht.

Die "Missa choralis" des frommen Revolutionärs war Anfang 1865 in Rom entstanden. Liszt hatte sich auf den Empfang der niederen Weihen vorbereitet. Seine geistliche Chormusik zeigt den "Salonlöwen", wie er gerne bezeichnet wurde, als Klangmystiker und -zauberer sowie als tief religiösen Menschen. Alle virtuose Effekthascherei, die man aus seinen Klavierwerken kennt, spielt für ihn im sakralen Raum keine Rolle mehr.

Sowohl die filigrane Rhythmik im "Sanctus" als auch die perkussiven Diskantstimmen im "Kyrie" waren perfekt. Die deutliche Aussprache, das homogene Klangbild und die überzeugende Vortragsweise zeichneten die Chorpartien aus. Im Kyrie und am Anfang des Gloria fühlt man sich noch an Rheinberger erinnert, doch beim "Qui tollis" fügt Liszt ein aufrührendes Motiv ein - viele reizvolle musikalische Ideen folgen, gipfeln im "Et incarnatus est" des Credo oder auch im verhaltenen "Hosanna".

Der Leichtigkeit und Eleganz der geschliffenen Chorstimmen wurden zum Teil massive Choreruptionen entgegengesetzt, so dass die große dramatische Geste nicht fehlte. Dem Können und der Konzentration der Sänger und Sängerinnen ist es zuzuschreiben, dass der enorme Spannungsbogen, den dieses Werk erfordert, hervorragend gelang. Eine großartige Leistung, die allerdings nicht jedermanns Geschmack traf.

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