Kissenschlacht auf dem Brunnen-Sofa

Saarbrücken-Malstatt. Die lebensgroßen Comicfiguren an der Lebacher Straße erregten zu Jahresanfang die Gemüter vieler Malstatter. Warum der Weihnachtsmann nicht gekommen und dass der Weihnachtsmarkt ausgefallen sei, beklagten da in Sprechblasen schwarz-weiß gezeichnete Kinder und Eltern auf Sperrholzplatten. "Die Eltern des Kindergartens St

 Für Aufregung sorgte die Aktion mit Holz-Figuren, die sich über Weihnachten beklagten. Foto: HBK

Für Aufregung sorgte die Aktion mit Holz-Figuren, die sich über Weihnachten beklagten. Foto: HBK

Saarbrücken-Malstatt. Die lebensgroßen Comicfiguren an der Lebacher Straße erregten zu Jahresanfang die Gemüter vieler Malstatter. Warum der Weihnachtsmann nicht gekommen und dass der Weihnachtsmarkt ausgefallen sei, beklagten da in Sprechblasen schwarz-weiß gezeichnete Kinder und Eltern auf Sperrholzplatten."Die Eltern des Kindergartens St. Josef sind ziemlich sauer auf den/die Urheberin der Figuren, da er/sie anonym agiert", schrieb etwa ein - anonymer - Gast auf dem Portal malstatt-online.de. Und auch die Gemeinwesen-Mitarbeiter, die den Weihnachtsmarkt wetterbedingt absagen mussten, fühlten sich auf den Schlips getreten.

"Ich hätte nie gedacht, dass jemand die Aktion als Kritik oder Provokation empfindet, war auch gar nicht unsere Absicht", wundert sich Bernardete Fernandes noch immer. Die bildende Künstlerin, Meisterschülerin von Daniel Hausig an der Hochschule der Bildenden Künste, leitet die Gruppe, die sich das Projekt ausgedacht hat. Schon seit Anfang September beleben Fernandes und rund ein Dutzend Kunststudenten den Stadtteil Malstatt mit künstlerischen Interventionen im öffentlichen Raum.

"Als Meisterschülerin ist man verpflichtet, zu unterrichten", erklärt Fernandes und erzählt, wie es dazu kam. 2010 war die Künstlerin für die Kunst-Reihe "Ausgang City-Aufgang Nord" mit Ziegen durchs Nauwieser Viertel spaziert. Für ihren Workshop mit Studenten hat sie sich aber lieber Malstatt ausgesucht. "Weil das so interessant ist, eine ganz andere Atmosphäre hat als das Stadtzentrum, Malstatt hat richtig Leben, da sitzen Leute vor den Läden auf der Straße", schwärmt die gebürtige Portugiesin.

Eigentlich sollte ihre Gruppe im Sommersemester nur Konzepte für Projekte in Malstatt machen, aber weil Professor Hausig die so spannend fand, gab es Verlängerung für die Realisierung und Geld dafür vom städtischen Programm "Stärken vor Ort". Damit die Aktionen einen Überraschungseffekt haben, fanden sie ohne Ankündigung statt, die erste am 10. September. Da haben die Studenten luftgefüllte Müllsack-Kissen in den Brunnen am Malstatter Markt gelegt. "Wir waren noch gar nicht fertig, da haben die Kinder schon gefragt, wann sie kommen und damit spielen dürfen", erinnert sich Fernandes an das in einer Kissenschlacht endende Eintags-Vergnügen.

Bei der zweiten Aktion sind die Studenten mit einem vermeintlichen Google Street View durch Malstatts Straßen gekurvt. "Wir haben die Straßen mit Einwegkameras fotografiert und wollten sehen, wie die Leute reagieren", erläutert Fernandes. "Manche haben richtig posiert, andere sich weggedreht, aber protestiert hat keiner", so die Bilanz.

Bei Aktion Nummer drei hat die Gruppe den Pariser Platz mit einem Labyrinth aus Mehl-Spuren verziert. Dabei sei man mit vielen Passanten ins Gespräch über den öffentlichen Raum gekommen, was auch das Ziel war, erzählt die Künstlerin. Anwohner hätten sie sogar in die Wohnung eingeladen, um von oben zu fotografieren. "Eigentlich erhielten wir bei allen Aktionen positive Reaktionen", freut sich Fernandes und hofft, dass die Malstatter die große Abschlussausstellung nutzen werden, um mit den Künstlern auch über Missverständnisse zu diskutieren.

Auf einen Blick

malstatt urban art heißt die Aktionsreihe unter Leitung der Künstlerin Bernardete Fernandes. Als nächste künstlerische Intervention im Stadtteil Malstatt bereiten die sieben Kunststudenten eine Collage für ein leer stehendes Schaufenster vor. Am 28. Februar wird das Gesamtprojekt in einer Abschlussausstellung dokumentiert. Der Veranstaltungsort wird noch bekanntgegeben. Aktuelle Infos im internetblog: malstatturbanart.wordpress.com. red

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