Kinderliedermacher Fredrik Vahle ist als Querdenker bekannt

Saarbrücken. Er ist die Ausnahmeerscheinung unter den Kinderliedermachern, von denen viele die Kleinen nur zur Ausschmückung der eigenen Person missbrauchen: Fredrik Vahle überzeugt mit echtem Engagement. Gerade war der 1942 in Stendal geborene Träger des Bundesverdienstkreuzes auf Lesereise für den Friedrich-Bödecker-Kreis im Saarland unterwegs

Saarbrücken. Er ist die Ausnahmeerscheinung unter den Kinderliedermachern, von denen viele die Kleinen nur zur Ausschmückung der eigenen Person missbrauchen: Fredrik Vahle überzeugt mit echtem Engagement. Gerade war der 1942 in Stendal geborene Träger des Bundesverdienstkreuzes auf Lesereise für den Friedrich-Bödecker-Kreis im Saarland unterwegs. "Ich bin ja kein Wirtschaftsunternehmen!", erläutert Vahle - seine Brötchen verdient er als Dozent an der Uni Gießen, promovierte in Soziolinguistik, habilitierte über Kindersprache und -lied. "Ich habe keine bestimmte Zielgruppe. Das innere Kind in Jedermann ist angesprochen. Ich bin halt eine eigenartige Mischung aus Uni-Dozent, Clown, Musikant, Spielmann und Bewegungstherapeut", sagt er und schmunzelt. Bezeichnenderweise begann sein Interesse für Kinder 1968, als er nach dem Examen in eine ländliche WG zog. Dort leistete er im Geist der 68er-Bewegung "Kinderarbeit" für die Kindergruppen im Dorf, brachte als Reisefreudiger seine Begeisterung für amerikanische Folksänger sowie für spanische und griechische Folklore in seine Lieder mit ein. Ziel war die Vermittlung von Lebenslust und Sensibilität für soziale Gerechtigkeit und Umweltprobleme, erinnert sich Vahle; auch damals noch tabuisierte Themen griff er auf. Der Durchbruch kam 1973 mit der LP "Die Rübe", seither hat er sich kontinuierlich mit Kindersprache und -liedern beschäftigt, CDs und Lieder- und Bewegungsbücher herausgebracht - längst ein Klassiker ist etwa seine "Anne Kaffeekanne". Auf Bewegungslieder hat er sich denn auch in den letzten Jahren, nach diversen Musik- und Theaterprojekten für Kinder, konzentriert. "Kinder lassen sich durch Bewegung in besonderer Weise ansprechen", erklärt Vahle. "Es ist viel zu wenig bekannt, dass sich neue, erfolgreiche Wege des Lernens öffnen, wenn am Bewegungssystem angeknüpft wird." Insbesondere der Spracherwerb sei ein "Bewegungslernen". Bei den heutigen Kindern macht Vahle eine schnellere Auffassungsgabe und eine größere Fähigkeit zu vernetztem Denken aus als bei früheren Generationen. Aber auch eine verminderte Konzentrationsfähigkeit, gerade bei Jungs, weil sie motorisch oft zu wenig gefordert seien. Dem könne man durch vermehrte gesteuerte körperliche Aktivität gegenwirken. "Ich gehe davon aus, dass ein Großteil der heutigen pädagogischen Schwierigkeiten auf fehlgeleitete beziehungsweise unterdrückte Bewegungsbedürfnisse der Kinder zurückgeht", glaubt Vahle, der auch gern mit behinderten Kindern arbeitet. Seine "freundschaftliche Bewegungskultur", die Elemente von Tai Chi integriert, praktiziert er denn auch mit seinen Studenten, die er mit einer Mischung aus "Deutsch, Musik, Sport und Religion" unterrichtet. Und dafür häufig Spott von seinen professoralen Kollegen erntet. Dennoch: Diese integrative Vorgehensweise schaffe ein lernförderndes Klima des Wohlfühlens, ist Vahle überzeugt. Weswegen sich der "Quertreiber im Fächerkanon" auch in der Erzieher- und Lehrerfortbildung stark macht. kek

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort