Kinderbuch-Tipps: Romane für Kinder und Jugendliche Schöne Romane für junge Leseratten

In den Sommerferien steht bei den meisten Schülerinnen  und Schülern zwar wahrscheinlich ganz oben auf der Wunschliste „Schönes Wetter“ und „Schwimmbad“. Aber es gibt ja auch mal trübe Tage, bzw. man kann auch auf der Sonnenliege lesen. Wir stellen einige Bücher für verschiedene Lese-Alter vor, die wir besonders gelungen finden.

 Johan Egerkrans hat Astrid Lindgrens spannenden Kinderroman „Mio, mein Mio“ neu illustriert. In Bildern, die ein bisschen an frühe Meisterwerke von Walt Disney erinnern, gibt er der unsterblichen Geschichte einen eigenen Klang.

Johan Egerkrans hat Astrid Lindgrens spannenden Kinderroman „Mio, mein Mio“ neu illustriert. In Bildern, die ein bisschen an frühe Meisterwerke von Walt Disney erinnern, gibt er der unsterblichen Geschichte einen eigenen Klang.

Foto: Oetinger Verlag

Ab 13 Jahre und für alle: Heul doch nicht, du lebst ja noch von Kirsten Boie. Oetinger Verlag, 14 Euro.

Kirsten Boie ist einfach eine umwerfend gute Autorin und dies hier eines ihrer besten Bücher. So lebendig ihre Charaktere, so plastisch ihre Bilder – und das in einer ganz einfachen, klare Sprache. Nur wenige Tage nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs spielt die Geschichte. Mit faszinierender Nähe spiegelt sie diese furchtbare Zeit vollständig durch die Wahrnehmung von Kindern. Und sie bringt sie alle zusammen: den Juden-Jungen Jakob, der verstört aus seinem Versteck auftaucht und sich erstmal lieber Friedrich nennt. Den von Nazi-Ideologie durchdrungenen Hitlerjungen Hermmann, der nur ganz allmählich die Zweifel zulassen kann, an dem, was für ihn so lange Gewissheit war. Die Flüchtlinge und Vertriebenen, die verlorenen Kinder, die Kriegsversehrten und ihre wütenden Frauen, die Mitläufer, sie alle führt Kirsten Boie hier zusammen. Sie ist dabei ganz auf der Seite der Kinder, urteilt nicht über das Mädchen Traute, das sich über die Einquartierten in ihrem Zuhause ärgert und Brot stiehlt. Nicht mal über Hermann, der nicht von seiner vermeintlichen Überlegenheit lassen mag. Auf wenigen Seiten, in wenigen Tagen schafft sie es, ein glasklares Bild vom Krieg und seinen Folgen für die Seele zu malen. Dass ihre Geschichte allerdings so aktuell werden könnte, hätte sie sich beim Schreiben sicher nicht gedacht.


Ab elf Jahre: Allein auf dem Meer von Chris Vick. Beltz und Gelberg Verlag, 15 Euro.

Was für ein grandioses Buch! Eine ungemein spannende, fesselnde, irritierende und bewegende Geschichte. Mit kraftvoller, starker Bildersprache erzählt Chris Vick von zwei sehr jungen Schiffbrüchigen in dramatischer Lage. Ein englischer Junge und ein geheimnisvolles marokkanisches Mädchen retten sich nach einem Sturm in ein Paddelboot. Auf Leben und Tod sind sie dem Schicksal, den Elementen, der brennenden Sonne ausgeliefert. Sie sind sich fern und kommen sich nah, sie erleben die wahre Magie von Tausend und einer Nacht und ein lebensgefährliches Abenteuer. „Allein auf dem Meer“ ist eine wahrhaft berauschende Lektüre.


Ab fünf Jahre: Dachs und Rakete - Ab in die Stadt“ von Jörg Isermeyer und Bildern von Kai Schüttler. Beltz und Gelberg Verlag, 15 Euro.

Eine tolle Geschichte, ein Mutmach-Buch vom Feinsten. Dachs und Schnecke verlieren ihr Zuhause, als der Bagger kommt. Das könnte nun eine ganz triste Geschichte werde. Wird es aber nicht. Im Gegenteil. Es wird die optimistischste, fröhlichste Abenteurer-Geschichte, die man sich nur wünschen kann. Und nebenbei erfahren die Kinder noch faszinierend viel Wissenswertes vom Leben in der Stadt – vom Geld, vom Bahnfahren und ganz allgemein von den Kulturtechniken des Zusammenlebens. Denn Dachs und Schnecke landen in der Großstadt und fühlen sich auch dort wohl – weil Dachs einfach immer gut gelaunt aus allem das Beste macht. Beneidenswert.


Ab acht Jahre: Sommer mit Krähe (und ziemlich vielen Abenteuern). Von Frida Nilsson und mit Bildern von Anke Kuhl. Gerstenberg Verlag, 14 Euro.

Ein ziemlich fantasievoller und lustiger Roadtrip ist dieses Buch mit einem sehr ungleichen Freundespaar. Ebba und ihr schnoddriger Freund Krähe machen sich auf, Krähes Eltern zu suchen, die sie als Jungvogel verloren hat. Dabei treffen sie schräge Leute, prellen die Zeche und testen ihre Freundschaft. Anke Kuhl trifft mit ihre Bildern genau den etwas verrückten und doch absolut gelassenen Ton dieser etwas anderen Tom-Sawyer-Geschichte.


Ab sechs Jahre: Brummps – Sie nannten ihn Ameise. von Dita Zipfel mit Bildern von Bea Davies. Hanser Verlag, 15 Euro.

Bitte nicht abschrecken lassen, wenn wir hier von einem literarischen Buch für junge Leser sprechen. Die Kinder werden das mit der Literatur nicht wirklich wahrnehmen. Aber sie werden spüren, dass da jemand mit Sprache spielen kann, mit ihrem Klang und ihrem Rhythmus. Dita Zipfel erzählt in kunstvoll schnoddrigem Ton die freche Geschichte vom Mistkäfer, der irrtümlich für eine Ameise gehalten wird und sich vergeblich bemüht, diesem Bild gerecht zu werden. Mit aberwitzigen Illustrationen von Bea Davies. Ein Gesamtkunstwerk, das das Anderssein feiert.


Ab zehn Jahre. Der Junge, der mit den Wölfen spricht von Sam Thompson. Thienemann Verlag, 15 Euro.

Worte sind mächtig. Worte können fesseln, und sie können Mut machen, sich zu befreien. Die Macht der Worte erleben wir ja gerade wieder sehr stark in der Politik dieser Tage. In Sam Thompsons Kinderroman haben Worte die Macht, starke Wesen zu versklaven. Und wer einen Namen hat, ist nicht mehr frei, selbst zu entscheiden, wer er sein will. Es ist eine sehr hintersinnige, poetisch-spannende Geschichte. Sie erzählt vom Jungen Silas, dem die Worte fehlen, der deshalb in der Schule gemobbt wird und der in eine magische Waldwelt gerät, in der die Wölfe von schlauen Füchsen unterjocht werden mit Hilfe der Sprache und dem, was die Bilder, die man mit ihr malen kann, im Kopf anrichten können. Der stumme Junge wird zum Helden wider Willen. Ein spannender Kinderroman, der in vielfacher Hinsicht aus dem Rahmen fällt.


Ab acht Jahre: Mio, mein Mio von Astrid Lindgren. Neu illustriert von Johan Egerkrans. Oetinger Verlag, 15 Euro.

Diese Geschichte ist ja eine der Urmütter all der schönen Märchen von Kindern, die aus ihrem unglücklichen Leben befreit und zu etwas Besonderem werden. Mio, mein Mio ist in gewisser Weise ein Ahne von Harry Potter. Und wenn man die bald 70 Jahre alte Geschichte heute liest, wird einem wieder einmal bewusst, was für eine begnadete Kinderseelen-Leserin Astrid Lindgren war. Der Oetinger Verlag hat dem abenteuerlichen, herzerwärmenden Märchen nun eine schöne, üppig bebilderte Neuausgabe spendiert. Die Bilder von Johan Egerkrans sind surrealistische, ganz und gar unsüße Illustrationen. Magisch und gruselig, mal düster, mal leuchtend begleiten sie die Geschichte in einem ganz eigenen, kunstvollen Ton.

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