Kinderbetreuung als Wettbewerbsvorteil

Saarbrücken · Saarbrücker Unternehmen gehen teilweise ganz unterschiedliche Wege, um familienfreundlich zu sein. Der steigende Wettbewerb um qualifizierte Mitarbeiter macht den Wandel nötig. Die SZ stellt drei Beispiele vor.

75 saarländische Firmen haben kürzlich das Gütesiegel "Familienfreundliches Unternehmen" bekommen. Doch wie wird ein Großunternehmen mit 1000 Angestellten familienfreundlich, wie der kleine Malerbetrieb mit gerade einmal sieben Mitarbeitern? Und was haben die Unternehmen davon? Wir haben bei drei ausgezeichneten Saarbrücker Unternehmen nachgefragt.

"Es lohnt sich auf jeden Fall für uns. Wir suchen viele Mitarbeiter von außerhalb, und da werden solche Faktoren immer wichtiger", sagt Axel Genten, Personalleiter beim Versicherer Cosmosdirekt. Fachkräfte sind rar und Gehalt sei schon lange nicht mehr die einzige Waffe im Kampf um gut ausgebildetes Personal. Der Versicherer versucht, vor allem mit flexiblen Arbeitszeiten auf Mitarbeiter mit Kindern einzugehen. "Wir haben keine Kernarbeitszeiten", erklärt Angelika Dahlem, Leiterin im Personalservice: "Wir haben 30 Prozent Teilzeitquote. Das wird überwiegend von Müttern in Anspruch genommen." Eine eigene Kindertagesstätte (Kita) einzurichten, sei nicht geplant, dazu sei die Nachfrage zu gering.

Bei Data-One, einer Softwarefirma, die ihre Büros am Saarbrücker Eurobahnhof hat, spielt man mit dem Gedanken, eine Kita aufzubauen. Gemeinsam mit anderen Unternehmen aus dem Umfeld. "Für uns alleine lohnt sich das nicht", sagt Anke Herberger, Managerin in der Personalverwaltung. 80 Mitarbeiter hat das Unternehmen, das 2004 gegründet wurde. Zu Beginn bestand noch wenig Bedarf an Konzepten für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, "aber die Mitarbeiter sind mit der Firma älter geworden, und das Thema wurde immer wichtiger." Neben verschiedenen Zeitmodellen bietet die Firma ihren Mitarbeitern an, von zuhause aus zu arbeiten. Um den Kontakt aufrechtzuerhalten, gibt es Veranstaltungen für die "Heimarbeiter".

Beim Malerbetrieb Pfennig sind es die kleinen, unmittelbaren Dinge, die den Betrieb familienfreundlich machen. "Eine Kita können wir uns nicht leisten", sagt Christian Pfennig, der den Betrieb zum Jahreswechsel von seinem Vater übernommen hat: "Ich kann auch nicht sagen, wie viel wir im Jahr investieren oder wie viel dadurch für uns rumkommt. Aber ich kann sagen, dass unsere Mitarbeiter so zufrieden sind, dass sie befreundete Maler mitgebracht haben, damit die auch hier arbeiten." Für große Teilzeitmodelle fehlt im siebenköpfigen Betrieb die Infrastruktur, also wird anders geholfen.

Ein Mitarbeiter war nach einer Trennung privat in Probleme geraten. Pfennig und seine Freundin vermittelten den Kontakt zur Ehe- und Schuldnerberatung und stellten ihn, wenn nötig, von der Arbeit frei. In einem anderen Fall sorgte er dafür, dass die ukrainische Frau eines seiner Angestellten einen Sprachkurs fand und kämpfte mit ihr um die Anerkennung ihres Studienabschlusses. Nutzen will auch er das Gütesiegel. Eigentlich genauso wie die größeren Unternehmen: "Wir wollen wachsen und da kann so etwas, glaube ich, schon helfen."

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StichwortDas Gütesiegel "Familienfreundliches Unternehmen" wird von Industrie- und Handelskammer (IHK), Handwerkskammer und Familienministerium verliehen. Es soll familienfreundliche Personalpolitik honorieren und Anreize geben, mehr dafür zu tun, dass Mitarbeiter ihren Beruf mit Kindern und Pflege von Angehörigen vereinbaren können.Kontakt: Arbeiten und Leben im Saarland, Elisabeth Hessedenz, Franz-Josef-Röder-Straße 9 in Saarbrücken, Tel. (06 81) 9 52 04 53, E-Mail: elisabeth.hessedenz@zpt.de. jbö

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