Kinder mit zwei Pässen brauchen langen Atem

Baumholder/Freisen · Für Eltern, deren Nachwuchs eine doppelte Staatsangehörigkeit hat, ist es oft schwer, einen Kita-Platz zu finden. Besonders in Baumholder.

 Kinder mit doppelter Staatsangehörigkeit haben in Sachen Kita-Platz oft nicht leicht. SymbolFoto: Roland Weihrauch/dpa

Kinder mit doppelter Staatsangehörigkeit haben in Sachen Kita-Platz oft nicht leicht. SymbolFoto: Roland Weihrauch/dpa

Foto: Roland Weihrauch/dpa

"Das geht mir gegen alle Prinzipien und wenn ich nur daran denke, werde ich sauer", sagt Marianna Newton. In dem Jahr, als ihr erster Sohn geboren wurde, kamen in Heimbach (Rheinland-Pfalz) noch neun weitere Kinder zur Welt. Das Problem: Ihr Sohn hätte als einziges Kind nicht im Baumholder Stadtteil in einen Kindergarten vor Ort gehen dürfen. "Für mich ist das Diskriminierung eines kleinen Kindes", so die Frau eines amerikanischen Mannes, der zu dieser Zeit Soldat auf dem US-Stützpunkt in Baumholder war.

Das Grundproblem sei gewesen, dass Kinder mit deutsch-amerikanischer Staatsangehörigkeit sogenannte Statuskinder sind. Laut eines Nato-Abkommens "aus dem Jahr anno sabsch", wie sie es ironisch formuliert, stünde diesen Kindern in Rheinland-Pfalz kein Kita-Platz zu. Stattdessen sollten die Statuskinder zu den Amerikanern in den Kindergarten gehen. Mittlerweile ist ihr Mann Zivilangestellter; die Eheleute kauften sich gemeinsam ein Haus in Rheinland-Pfalz. Man habe also nicht vor, Deutschland wieder zu verlassen.

Was den Kindergartenplatz betrifft, wichen sie in den Landkreis St. Wendel aus. Die Anmeldung in der Freisener Kita sei problemlos gewesen, erinnert sie sich. Im Gegensatz zu den kostenfreien Kitas in Rheinland-Pfalz werden im Saarland Gebühren erhoben. "Aber darum ging es mir ja gar nicht", erzählt sie, "mir ging es darum, dass mein Kind ausgegrenzt wird, nur weil es einen amerikanischen Papa hat." Wütend fügt sie hinzu: "Ich bin OP-Schwester, bezahle nicht schlecht Steuern und habe ein Recht auf einen Platz." Als ihr Sohn zweieinhalb Jahre alt war, habe man nach sehr langem Kampf mit dem zuständigen Jugendamt in Birkenfeld endlich einen Platz in Heimbach für ihn bekommen.

Diese Regelung gelte schon immer, erklärt Maria Roth vom katholischen Kindergarten Baumholder. Um einen Platz in Baumholder zu bekommen, müssten die Eltern einen Antrag beim Jugendamt Birkenfeld stellen, was sie den Interessierten auch immer so mitteile. Seltsam sei, dass sich die Eltern nach diesem Hinweis im Grunde nie mehr rückmelden würden. Auch verweist sie auf die Regelung, dass Angehörige aus Nato-Staaten in Rheinland-Pfalz keine Sozialleistungen beziehen dürften.

Die Thematik sei auch ihr bekannt, sagt Juliane Rech, Leiterin des evangelischen Kindergartens Baumholder. Hier habe man bereits deutsch-amerikanische Kinder aufgenommen, derzeit seien es vier. Statuskinder werden jedoch nur aufgenommen, wenn dadurch kein Platz für ein einheimisches Kind verloren gehe. Ihr seien Fälle bekannt, bei denen nach dem Antrag im Jugendamt Birkenfeld letztendlich vor Gericht der Anspruch überprüft wurde.

Auch Cornelia Rauber, Leiterin der Kita Hand in Hand in Freisen, kennt die Problematik. Man habe zwar seit etwa zwei Jahren kein Statuskind mehr, doch Kinder mit doppelter Staatsangehörigkeit hätten ihre Kita bereits besucht. Dabei habe es sich immer um Kinder gehandelt, von denen ein Elternteil auf der US-Base ansässig war, und die in Baumholder nicht angenommen worden seien.

Derzeit drei Statuskinder seien in der Kita Räuberhöhle in Schwarzerden angemeldet, sagt die stellvertretende Leiterin Jasna Drazic. US-Eltern würden ihre Kinder gerne in den Kitas außerhalb des US-Standortes anmelden, da diese dann mit der deutschen Sprache konfrontiert seien, was zur Integration beitrage.

Es scheint also jeder über die Grenze der beiden Bundesländer mit der Thematik vertraut zu sein - bis auf die Jugendämter. "Absprachen zwischen dem Jugendamt des Landkreises St. Wendel und dem Jugendamt des Landkreises Birkenfeld gibt es nicht", teilt die Pressestelle des Landkreises St. Wendel mit. Aus der Kreisverwaltung Birkenfeld heißt es kurz: "Diese Problematik ist uns nicht bekannt".

Zum Thema:

Artikel 13 des Zusatzabkommens zum Nato-Truppenstatut: Absatz eins: Soweit nicht ausdrücklich etwas anderes vorgesehen ist, werden zwischenstaatliche Abkommen oder andere im Bundesgebiet geltende Bestimmungen über soziale Sicherheit und Fürsorge auf Mitglieder einer Truppe, eines zivilen Gefolges und auf Angehörige nicht angewendet. Rechte und Pflichten, die diesen Personen auf dem Gebiet der sozialen Sicherheit während eines früheren Aufenthaltes im Bundesgebiet erwachsen sind, bleiben jedoch unberührt. Die Zugehörigkeit zu dem genannten Personenkreis schließt ferner die Möglichkeit nicht aus, dass in der deutschen sozialen Kranken- und Rentenversicherung zum Zwecke der freiwilligen Weiterversicherung Beiträge geleistet werden und im Rahmen einer bestehenden Versicherung Rechte entstehen und geltend gemacht werden. Absatz zwei: Die Pflichten, die einem Mitglied einer Truppe, eines zivilen Gefolges oder einem Angehörigen als Arbeitgeber obliegen, werden durch diesen Artikel nicht berührt.

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