Kinder häufiger psychisch krank

Kleinblittersdorf · Kaputte Familienverhältnisse können das Risiko psychischer Probleme bei Kindern erhöhen. Hilfe bekommen sie unter anderem in der SHG-Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie in Kleinblittersdorf.

 Schauen sich im Bandprobenraum um: Gisela Rink (CDU), Alfons Vogtel (SHG), Hermann-Josef Scharf (CDU) mit Chefärztin Eva Möhler und dem leitenden Psychologen Stefan Eisenbeis. Foto: B&B

Schauen sich im Bandprobenraum um: Gisela Rink (CDU), Alfons Vogtel (SHG), Hermann-Josef Scharf (CDU) mit Chefärztin Eva Möhler und dem leitenden Psychologen Stefan Eisenbeis. Foto: B&B

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Sie leiden an Ess- und Verhaltensstörungen, sind drogenabhängig, durch schlimme Erlebnisse traumatisiert oder wurden sexuell missbraucht. Bis Kinder und Jugendliche stationär in der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der SHG in Kleinblittersdorf aufgenommen werden, haben sie schon einen langen Leidensweg hinter sich. Im Extremfall schickt das Familiengericht die 5- bis 18-Jährigen in die Klinik, oft sind es die behandelnden Therapeuten, manchmal suchen die Jugendlichen selbst die Hilfe, sagt Chefärztin Eva Möhler.

Gestern hat sich der Sozialausschuss des Landtags vor Ort ein Bild von der Situation und den Therapiemöglichkeiten gemacht. "Schon 2013 haben wir uns im Zuge der Krankenhausplanung mit der Symptomatik auseinander gesetzt. Steigende Fallzahlen machen deutlich, dass die Politik nicht nur Zuschauer sein darf, sondern schauen muss, wo sie Vernetzungen von Systemen voranbringen kann", sagt Ausschussvorsitzender Hermann-Josef Scharf (CDU). "Die Situation der psychiatrischen Versorgung wird immer problematischer", betont SHG-Geschäftsführer Alfons Vogtel. Die Kassen zahlten nur bis zu einer Belegung von 96 Prozent. Für jeden zusätzlichen Patienten erhalte der Träger nur 15 Prozent des Pflegesatzes. "Bei der Kinder- und Jugendpsychiatrie haben wir eine Belegung von fast 130 Prozent", sagt Vogtel.

Laut der Bella-Studie des Robert-Koch-Instituts (2010-2012) haben 18 Prozent aller Kinder- und Jugendlichen eine psychische Störung, zehn Prozent mit Behandlungsbedarf.

Auf der Warteliste für die 26 stationären und fünf teilstationären Plätze in Kleinblittersdorf stehen derzeit 80 Kinder. Tendenz steigend. Chefärztin Möhler führt das auch auf übermäßigen Konsum von Video- und PC-Spielen zurück. "Ein Grund ist auch, dass das System Familie oft nicht mehr existiert", fügt der leitende Psychotherapeut Stefan Eisenbeis hinzu. Die Trennung der Eltern, das Leben in wechselnden Patchworkfamilien oder bei allein erziehenden Elternteilen können das Risiko zu erkranken erhöhen.

Die Klinik ist eine von vier Standorten in Deutschland, das für die Heranwachsenden das DBT-Trainigsprogramm anbietet, das Verhaltenstherapie mit Elementen anderer Therapierichtungen kombiniert. "Wir konnten signifikante Verbesserungen nach der Therapie beobachten", sagt Möhler. So konnten Teilnehmer im Anschluss ihre Emotionen wie Ärger und Angst oder die Depression besser regulieren.

In Kleinblittersdorf bekommen die Kinder einen auf sie abgestimmten Therapieplan. Neben der Gesprächs- und Verhaltenstherapie können sie je nach Interesse zusätzlich unter anderem mit Musik-, Kreativ- und Sporttherapie ergänzen. In der eigenen Klinikschule werden sie in Kleingruppen von bis zu vier Kindern unterrichtet. Die Aufenthaltsdauer kann von nur einem Tag in akuten Notfällen bis hin zu drei Monaten dauern. Das Umfeld der Kinder wird miteinbezogen und nach dem Aufenthalt werden sie ambulant weiter betreut, um Rückfälle zu vermeiden.

"Diese Kinder sind kreativ, sie haben Ressourcen. Diese sind oft versteckt und verschüttet. Sie gilt es, wieder hervorzuholen", sagt Psychotherapeut Eisenbeis. "Was wir jetzt in die Kinder investieren, sparen wir später bei Folgekosten nicht behandelter Erkrankungen", gibt Möhler zu bedenken.

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