Kinder aus Weißrussland schippern über die Saar

Niedaltdorf/Kreis Saarlouis. Die Atomkatastrophe von 1986 hat einen Großteil von Weißrussland radioaktiv verseucht. Noch immer sind die Folgen dieser Katastrophe zu spüren; rund ein Drittel des Großgebietes ist noch immer betroffen. "Bei den Kindern sind durchweg Immunschwächen feststellbar", sagt Stephan Engel

 Die Kinder besuchen die Tropfsteinhöhle in Niedaltdorf. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Die Kinder besuchen die Tropfsteinhöhle in Niedaltdorf. Foto: Jenny Kallenbrunnen

Niedaltdorf/Kreis Saarlouis. Die Atomkatastrophe von 1986 hat einen Großteil von Weißrussland radioaktiv verseucht. Noch immer sind die Folgen dieser Katastrophe zu spüren; rund ein Drittel des Großgebietes ist noch immer betroffen. "Bei den Kindern sind durchweg Immunschwächen feststellbar", sagt Stephan Engel. Der Saarlouiser ist einer der saarländischen Gastfamilienväter, die Kinder aus Weißrussland für eine Ferienerholung an der Saar aufgenommen haben.Seit Jahren wird dies im Saarland durch verschiedene Initiativen ermöglicht. Neben dem Püttlinger Hilfsverein "Kinder von Tschernobyl" organisiert der Verein "Saarländische Kinderhilfe - Leben nach Tschernobyl" seit 1994 Ferien für weißrussische Kinder. Seit Mitte Juli und noch während der ersten Augustwoche sind wieder 27 Kinder zwischen neun und 13 Jahren im Saarland zu Gast und leben dort in hilfsbereiten Familien.

Kulturelle Unterschiede

Menschen, die sich bereit erklären, die Kinder aufzunehmen, sind nicht immer so einfach zu finden. "Denn die Kinder sprechen außer 'bitte' und 'danke' kein Deutsch", sagt Engel. "Da kann die Kommunikation schon schwierig werden." Nicht nur die Sprache stellt ein Problem dar, auch kulturelle Unterschiede. "In Weißrussland etwa wirft man benutztes Toilettenpapier nicht weg, sondern sammelt es als Dünger für den Garten", erklärt Engel, "viele der Kinder kannten auch keine Duschen."

Malen und Brettspiele

Aber die Familien verständigen sich mit Händen und Füßen und unternehmen mit den Kindern Dinge, die interkulturell verstanden werden: malen etwa oder spielen Brettspiele. In der Gruppe haben die Kinder bislang eine Bootsfahrt auf der Saar unternommen, waren im Schwimmbad und im Fitnesscenter.

Kritiker warnen vor solchen Ferienaktionen im reichen Mitteleuropa, da sie fürchten, dass die Kinder unzufriedener mit der Situation im eigenen Land werden, wenn sie die Zustände in anderen Ländern kennen lernen. Engel rät den Gastfamilien daher, behutsam mit der Situation umzugehen, um eine Enttäuschung der Kinder im eigenen Land zu vermeiden: "Man sollte nicht prahlen mit dem, was man hat und vielleicht etwa große Shoppingtouren in riesigen Einkaufszentren vermeiden." kj

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