Kelten kochten Eisen und Einkorn

Otzenhausen. Auf einer Karte im Büro von Thomas Fritsch in Nonnweiler sind alle Fundorte der vergangenen zehn Jahre markiert. Insgesamt 280. Siedlungsschwerpunkte gibt es rund um Hermeskeil, Schwarzenbach und im Löstertal

 Der mächtige Steinwall des Hunnenrings fasziniert noch nach 2000 Jahren die Menschen. Die Erforschung der Festungsanlage und des Lebens der Kelten und Römer geht weiter. Foto: Fritsch

Der mächtige Steinwall des Hunnenrings fasziniert noch nach 2000 Jahren die Menschen. Die Erforschung der Festungsanlage und des Lebens der Kelten und Römer geht weiter. Foto: Fritsch

Otzenhausen. Auf einer Karte im Büro von Thomas Fritsch in Nonnweiler sind alle Fundorte der vergangenen zehn Jahre markiert. Insgesamt 280. Siedlungsschwerpunkte gibt es rund um Hermeskeil, Schwarzenbach und im Löstertal.Seit zehn Jahren forscht das Team um Projektleiter Fritsch in der Festungsanlage und in der Umgebung, zuerst im Auftrag der Gemeinde, dann unter der kreiseigenen Grabungsgesellschaft Terrex.Im SZ-Gespräch erläutert Thomas Fritsch die wichtigsten Forschungsergebnisse. Der Hunnenring ist um etwa 400 vor Christus in frühkeltischer Zeit von Kelten gebaut worden. Aus dieser Zeit stammen übrigens auch die Fürstengräber von Schwarzenbach. Die Forscher vermuten, dass der Nordwall wesentlich größer war als bisher angenommen, dass er sich in einem Halbkreis über den Berg erstreckte. Im unteren Bereich wird es zu Beginn vermutlich noch keinen Steinwall, sondern nur Holzpalisaden gegeben haben. Das legen die bisherigen Ergebnisse einer Grabung nahe. Drei Bauphasen konnten die Experten bei einem Wallschnitt bisher ausmachen. Drei Mal ist die Mauer wohl verstärkt worden, aber alle drei Bauphasen stammen aus spätkeltischer Zeit. Bisher haben die Forscher auch keine Hinweise gefunden, dass die Festung zerstört wurde. Um das Jahr 50 herum ist sie wohl einfach verlassen worden.Bis zu diesem Zeitpunkt haben auf dem Hunnenring ständig Menschen gewohnt. "Das ist sicher", sagt Fritsch. Vor allem in spätkeltischer Zeit, als die Römer Gallien eroberten. Naheliegend ist, dass die Kelten in der Festung auch ihrem Glauben nachgingen. So haben die Forscher nachweisen können, dass das Gelände um den römischen Tempel innerhalb der Festung schon zur Keltenzeit als Kultplatz genutzt wurde. Fritsch: "Die Kult-Tradition hat wesentlich länger bestanden als die Festung."Fluchtartig verlassenUm 50 vor Christus verließen die Bewohner den Hunnenring. Fritsch glaubt, dass ein Teil von ihnen auf der Flur Spätzrech bei Schwarzenbach eine neue Siedlung gegründet hat. Übrigens, damals stand der Hunnenring unter verschärfter Beobachtung römischer Soldaten. Denn die hatten in der Nähe von Hermeskeil, nur 3,5 Kilometer vom Hunnenring entfernt, ein Lager errichtet. Bis etwa 50 nach Christus gab es immer wieder gewaltsame Auseinandersetzungen mit den Römern. Ab dieser Zeit findet man keine keltischen Spuren mehr, nur noch römische. Die verbliebenen Bewohner hatten möglicherweise die römische Lebensweise angenommen.Dass die Kelten Eisen geschmolzen haben, das war schon lange klar. Neu ist aber, dass sie als Rohmaterial nicht nur Lebacher Eier genutzt haben, sondern auch andere Erze, vermutlich Roteisenerz aus der Nähe von Eisen. Mehrere tausend Funde haben die Geschichtsforscher in den zehn Jahren ausgegraben. "Wir haben bisher 3500 Laufzettel ausgefüllt", sagt Thomas Fritsch. Jeder Laufzettel steht für einen Fund oder eine so genannte Fundkollektion.Und was war die wichtigste Entdeckung? Spontan antwortet Fritsch: "Wir haben zum ersten Mal organische Reste gefunden. Getreide aus der Keltenzeit in einer Abfallgrube im Ringwall. Einkorn und Emmer haben die Kelten gegessen."Jedes Jahr kommen neue Erkenntnisse hinzu. 20 Mitarbeiter der Terrex sind in dieser Saison unter der Grabungsleitung von Michael Koch auf dem Hunnenring im Einsatz. Hinzu kommen noch Forschungsteams verschiedener Universitäten. > Seite C 3: Thema

HintergrundIn seinem Buch über den gallischen Krieg schreibt der römische Feldherr Caesar, dass er 52 vor Christus mit seinem Heer in Belgien Angriffen des keltischen Fürsten Indutiomarus ausgesetzt war. Caesars Truppen gelingt es, den Keltenfürsten zu töten. Dessen Sippe flieht, begibt sich in die Obhut der Germanen. Caesar traut diesem Stamm nicht und stationiert Soldaten in der Nähe.Könnte es sich damals bei dem keltischen Fürsten Indutiomarus um den Herrn des Hunnenrings gehandelt haben? Beweise dafür gibt es nach wie vor zwar nicht, allerdings lassen die Indizien diesen Schluss durchaus zu. In der Nähe des Hunnenrings gab es ein römisches Militärlager. Die keltische Festung wurde um 50 vor Christus verlassen, ohne dass sie angegriffen und zerstört wurde. Vielleicht weil die Familie des getöteten Fürsten fliehen musste. vf

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