Mit dem aktuellen Urteil des Kölner Kirchengerichts dürfte die Glaubwürdigkeit des Geistlichen endgültig dahin sein. Der Trierer Bischof Stephan Ackermann zeigte sich erleichtert über den Abschluss des Verfahrens. Ihm sei bewusst, dass die lange Prozessdauer für die Betroffenen eine große Belastung gewesen sei. Der Strafprozess vor dem Kirchengericht hatte im März 2018 begonnen – und dauerte mithin rund fünfeinhalb Jahre. „Was die Betroffenen an Leid durch diesen Priester erfahren haben, ist ein schreckliches Unrecht, an dem sie seit vielen Jahren tragen“, sagte Ackermann.

Mit der Entlassung aus dem Klerikerstand darf Otmar M., der seit 2015 im Ruhestand ist, nicht mehr als Priester tätig sein. Die mit der Weihe empfangenen Rechte und Pflichten sind aufgehoben; die Priesterweihe bleibt aber weiter gültig. Außerdem verliert er nach Angaben des Bistums seinen Anspruch auf ein Ruhegehalt. Nun ist er ausschließlich auf das angewiesen, was ihm staatlich zusteht.

Noch ist das Urteil des Kirchengerichts gegen den Geistlichen nicht rechtskräftig. Otmar M. kann Berufung einlegen. Sollte der Trierer Bistumspriester diesen Schritt gehen, ist dies beim höchsten Gericht im Vatikan möglich.

Timo Ranzenberger, der vor Jahren das Verfahren um die Vorwürfe ins Rollen gebracht hatte, äußerte sich im Gespräch mit unserer Redaktion erleichtert über das Urteil am Kölner des Kirchengerichts. „Die von Bischof Stephan Ackermann diese Woche übermittelte Nachricht war für mich wahnsinnig erfreulich“, sagte Ranzenberger, der nach eigenen Angaben in den 90er Jahren mehrfach von dem Priester missbraucht worden ist. „Nach einer gefühlten und auch gelebten Ewigkeit“ habe er nun Gewissheit. Das aktuelle Urteil entspreche dem, was er von Anfang an erwartet habe, sagte Ranzenberger. Zwei Gerichte seien unabhängig voneinander zu dem Schluss gekommen, dass der einstige Pfarrer von Freisen die Übergriffe begangen habe. „Meine Angst und Sorge, dass ein Priester und gleichzeitig Richter in der römisch-katholischen Kirche nicht objektiv und unbefangen Fakten zusammenfassen und ein faires Urteil fällen kann, hat sich jetzt als unbegründet herausgestellt, sehr zu meiner Erleichterung“, so Ranzenberger

Der 39-Jährige setzt nun darauf, dass auch die unabhängige Aufarbeitungskommission zu seinem und den weiteren Fällen „in der Causa Freisen“ ihr Ergebnis zu den jeweiligen Rollen der vorgesetzten Bischöfe und Generalvikare vorlegen werde. Diese Aufarbeitung sei noch nicht abgeschlossen.

Für den „Fall Freisen“ waren zuständig: Kardinal Reinhard Marx als Bischof von Trier (2002-2008), sein Nachfolger Stephan Ackermann und dessen damaliger Generalvikar Georg Bätzing (2012-2016), heute Bischof von Limburg und Vorsitzender der Deutschen Bischofskonferenz. In der Vergangenheit hatten die Bistümer München, Trier und Limburg bereits Fehler im Umgang mit Betroffenen und bei der Bearbeitung des Falls eingeräumt.

Das betonte jetzt auch Triers Bischof Stephan Ackermann noch einmal. „Sowohl im Umgang mit Betroffenen als auch in der Handhabung des Falls sind Fehler passiert“, sagte Ackermann laut einer Mitteilung des Bistums. Im Missbrauchsfall Otmar M. dürfte somit das letzte Kapitel noch nicht geschrieben sein. Ein Einzelfall ist die jetzige Entlassung aus dem Klerikerstand auch nicht. Laut Bistum Trier wurde seit 2010 gegen sechs Geistliche die kirchenrechtliche Höchststrafe verhängt.