Katasteramt wird aufgelöst "Das Ausbluten des ländlichen Raumes geht weiter""Bürgernähe geht verloren" "Gute Argumente für Merzig"

Merzig. Die Stadt Merzig verliert eine weitere Landesbehörde: Wie gestern bekannt wurde, wird das Katasteramt an der Ecke Wilhelmstraße/Torstraße zu Beginn des kommenden Jahres aufgelöst. Davon betroffen ist auch die Außenstelle in Wadern. Die Auflösung geschieht im Rahmen einer landesweiten Neustrukturierung des Landesamtes für Kataster-, Vermessungs- und Kartenwesen (LKVK)

Merzig. Die Stadt Merzig verliert eine weitere Landesbehörde: Wie gestern bekannt wurde, wird das Katasteramt an der Ecke Wilhelmstraße/Torstraße zu Beginn des kommenden Jahres aufgelöst. Davon betroffen ist auch die Außenstelle in Wadern. Die Auflösung geschieht im Rahmen einer landesweiten Neustrukturierung des Landesamtes für Kataster-, Vermessungs- und Kartenwesen (LKVK). Hierzu hat nach Auskunft des Umweltministeriums als zuständige Dienstbehörde der Ministerrat in Saarbrücken am Dienstag grünes Licht gegeben.

Nur noch zwei Standorte

Geplant ist demnach, vier der fünf Außenstellen des LKVK aufzulösen. Die Behörde soll sich künftig auf zwei Standorte konzentrieren: die Zentrale in Von der Heydt, Saarbrücken, und eine Außenstelle in Saarlouis. "Um dennoch Dienstleistungen wohnortnah anbieten zu können, werden Bürgerbüros in sechs Kommunen eingerichtet. Die Bürgerbüros in St. Wendel, Merzig, Neunkirchen, St. Ingbert, Wadern und Lebach werden an zwei bis drei Tagen pro Woche geöffnet sein, die Öffnungszeiten sollen dem Bedarf angepasst werden", heißt es aus dem Ministerium.

"Technische Weiterentwicklungen und ein drastischer Rückgang der Vermessungsaufträge erfordern eine nachhaltige Anpassung der Organisations- und Personalstrukturen im LKVK", wird Umwelt-Ministerin Simone Peter in der Mitteilung zitiert. Das aus der genannten Entwicklung resultierende Einsparpotenzial müsse "gerade vor dem Hintergrund der dramatischen Haushaltssituation des Landes genutzt werden".

Das heißt konkret: Die Zahl der Mitarbeiter beim Landesamt wird von derzeit 320 auf 225 Ende des Jahres 2020 reduziert werden. Das werde erreicht, indem Mitarbeiter, die in diesem Zeitraum in den Ruhestand wechseln, zum Teil nicht mehr ersetzt werden. 192 Bedienstete müssten zum vorgesehenen Umzugstermin Anfang 2012 in Saarlouis untergebracht werden.

Widerstand gegen die Pläne

Da dort zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht genügend Arbeitsplätze zur Verfügung stehen würden, solle die Außenstelle St. Ingbert bis Ende 2013 bestehen bleiben. Vom Umzug nach Saarlouis betroffen seien Anfang 2012 zunächst 24 Mitarbeiter der Außenstelle St. Wendel, 34 Mitarbeiter der Außenstelle Merzig und 22 Mitarbeiter der Außenstelle Neunkirchen. Anfang 2014 würden 33 Bedienstete aus St. Ingbert umziehen. Die Neuordnung wurde laut Ministerium bereits im März 2006 vom damaligen Ministerrat beschlossen. Im Sommer 2010 hatte sich gegen die Pläne vor Ort Widerstand erhoben: In einem gemeinsamen Brief an die Umweltministerin hatten sich Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich und Merzigs OB Alfons Lauer für den Erhalt des Katasteramtes stark gemacht (die SZ berichtete) - offenbar vergebens.Merzig. In scharfer Form hat Dieter Ernst (Foto: SZ), Vorsitzender der SPD-Fraktion im Merziger Stadtrat, die angekündigte Schließung des Katasteramtes in Merzig kritisiert. Die SPD im Stadtrat war im vergangenen Sommer mit dem Ansinnen gescheitert, eine eigene Resolution zur Erhaltung des Amtes zu beschließen. Dies war von der Mehrheit im Rat als zu diesem Zeitpunkt nicht notwendig erachtet worden. "Heute zeigt sich, dass es sehr wohl einen Anlass gab, die von uns geforderte Resolution zu beschließen", sagte Ernst gestern. Die Befürchtungen der SPD seien wahr geworden: Dass in Merzig wieder Landesdienststellen verloren gingen, setze das "Ausbluten des ländlichen Raumes" fort. Auch die angekündigten Bürgerbüros seien kein Ersatz dafür, dass Landes-Dienststellen wegfallen. Kritik übt Ernst auch am grünen Staatssekretär Klaus Borger, der seinerzeit im Stadtrat erklärt hatte, er werde sich an Spekulationen um das Katasteramt nicht beteiligen: "Selbst ein Staatssekretär im zuständigen Ministerium, der in Merzig lebt, konnte nicht bewirken, dass eine solche Zentralisierung auch einmal, wie von hier gefordert, in unserer Stadt angesiedelt wird." Auch in St. Ingbert sei eine Landesbehörde angesiedelt worden - "das ist für viele Saarländer genauso weit weg wie Merzig". Ernst: "Für diese Regierung hört das Saarland in Dillingen auf." cbe

Merzig. Oberbürgermeister Alfons Lauer (Foto: SZ) zeigte sich gestern in einer Stellungnahme gegenüber der SZ "befremdet", dass er und der Stadtrat "keinerlei offizielle Information seitens des Umweltministeriums über die Schließung erhalten haben", sondern dies aus den Medien hätten erfahren müssen. Zum Jahreswechsel sei gerüchteweise zu hören gewesen, die Entscheidung für Standorte außerhalb von Merzig und die Schließung der Merziger Außenstelle sei gefallen. "Am 29. Dezember 2010 habe ich bei der Umweltministerin nachgefragt. Eine Antwort steht bis jetzt aus."

Die bevorstehende Auflösung der Außenstelle Merzig bedeute eine weiteres "Ausbluten" unserer Region und nähre Meinungen, wonach das "Saarland in Dillingen aufhört", sagte Lauer. Und weiter: "Bürgernähe geht verloren." Lauer erinnerte an die gemeinsame Initiative mit der Landrätin im vergangenen Sommer, die kein Gehör gefunden habe. "Wir haben hier in Merzig eine leistungsfähige und funktionierende Einrichtung", die den Bürgern für ihre mitunter komplexen Anliegen eine wertvolle Anlaufstelle mit kompetenten Beratern sei. Die Einrichtung eines Bürgerbüros ist für ihn nur ein schwacher Ersatz. Er erwarte, "dass dieses Büro qualifiziert besetzt und ausgestattet wird und nicht nur als 'Feigenblatt' für eine aus meiner Sicht inakzeptable Entscheidung, herhalten muss". cbe

Merzig-Wadern. Landrätin Daniela Schlegel-Friedrich (Foto: SZ) hat sich gestern gegenüber der SZ bedauernd darüber geäußert, dass es zur Auflösung des Katasteramtes kommen soll - ungeachtet der Appelle aus unserer Region in Richtung Saarbrücken. "Es ist prinzipiell nachvollziehbar, die Einsparpotenziale im Vermessungs- und Katasterwesen, die sich insbesondere durch die Digitalisierung ergeben haben, auf den Prüfstand zu stellen." Auch sei die Zahl der Vermessungsaufträge landesweit stark zurückgegangen. "Allerdings ist es nicht nachvollziehbar, dass eine solche Bündelung von Landesbediensteten immer außerhalb unseres Kreises geschehen muss." Die Landrätin bezweifelt, dass ernsthaft geprüft worden sei, ob Merzig als Standort der jetzt nach Saarlouis vergebenen zentralen Außenstelle des Amtes in Frage kommt - so wie sie und der Merziger OB dies gegenüber der Ministerin eingefordert hatten. Die Auflösung sei um so schmerzhafter, weil die Merziger Außenstelle im Landesvergleich zu den leistungsfähigsten zähle: "Unser Katasteramt bekommt noch vergleichsweise viele Vermessungsaufträge, hier kommen wenige private Vermesser zum Einsatz." Dies hätte bei der Strukturreform "auch einmal belohnt" werden können. Verstimmt zeigte sich Schlegel-Friedrich zudem darüber, dass auch sie noch keine offizielle Mitteilung des Ministeriums über die Umstrukturierung erhalten habe. cbe

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