Christliche Gedanken zu Ostern Warum das Kreuz Kraft gibt

Diese Zeit ist für mich wie Karfreitag“, sagt mir eine Studentin. Sie empfindet die Kontaktbeschränkungen als bedrückend. Keine Treffen, kein Kinobesuch, stattdessen viel Langeweile.

 Matthias  Freudenberg  ist Pfarrer  in Saarbrücken.

Matthias Freudenberg ist Pfarrer in Saarbrücken.

Foto: Foto: Matthias Freudenberg

Andere trifft es in dieser von der Corona-Pandemie durchgeschüttelten Zeit härter. Sie haben den Job verloren, mit dem sie ihr Studium finanzieren. Ein Student trauert um eine nahe Verwandte in der fernen Heimat. Eine Studentin fragt mich, ob ich Angst habe. Ich sage: Keine Angst, aber besorgt bin ich. Vor allem Menschen, die schwer erkrankt sind, machen mir Sorge. Sieht so das Leben aus? Manches fühlt sich wie Karfreitag an, trüb und traurig.

Zum Wesen des Karfreitags gehört allerdings auch, dass dieser besondere Tag nicht einfach negative Gefühle oder elende Situationen verstärkt. Von Jesu Kreuz geht Kraft aus. Paulus ist überzeugt: „Die Botschaft vom Kreuz erfahren wir als Kraft Gottes.“ (1. Korinther 1,18) Gott tritt durch Jesus Christus, den am Kreuz Sterbenden, an die Seite der Menschen. Gerade an die Seite derer, die sich in einer elenden Situation befinden. Wie er das macht? Dadurch, dass er nicht mit Pauken und Trompeten den allmächtigen Gott spielt. Sondern so, dass er sich hingibt und aus Passion mit den Menschen leidet. Die Botschaft vom Kreuz besagt: Inmitten deiner Kraftlosigkeit und Ohnmacht ist Gott gegenwärtig. Dein Leben verliert sich nicht im Nichts, sondern ist unendlich kostbar. Dieser Trost hält vor den dunklen Gedanken, dass alles sinnlos sei, stand. Sei getrost!

Vom Kreuz geht auch Lebenskraft aus, weil Jesus nicht im Tod geblieben ist. Gott hat ihn auferweckt und der Welt neues Leben eingehaucht. Darum sagt das Leiden mehr aus, als uns vor Augen liegt. Im Schmerz eröffnet Gott neue Lebensmöglichkeiten. Das Kreuz zeigt, dass Gott keinen im Stich lässt. Einen Shutdown von Gottes leidenschaftlicher Liebe gibt es nicht. Die Kraft vom Kreuz weckt seelische Widerstandskräfte, um auch Schweres zu ertragen.

Hier und da werden Stimmen laut, die sagen: Mit der Corona-Pandemie will Gott unsere Vergehen bestrafen. Ich bestreite das entschieden. Spekulationen wie diese dichten Gott etwas an, was seinem Wesen nicht entspricht. Er ist passionierte Liebe. Jesu Kreuz steht dafür, dass Gott vergibt und nicht bestraft.

Der Karfreitag verbindet uns mit anderen. Besonders mit denen, die uns ihren Schmerz anvertrauen und denen wir eine Last abnehmen können. Der Theologe und Widerstandskämpfer Dietrich Bonhoeffer, vor 75 Jahren hingerichtet, schreibt: „Als Mensch vor Gott zu leben kann nur heißen, nicht für sich selbst, sondern für Gott und die anderen Menschen da zu sein.“

Professor Dr. Matthias Freudenberg ist Pfarrer bei der Evangelischen Studierendengemeinde Saarbrücken

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