Kampf gegen Alkoholismus ist ein Kampf für mehr Lebensqualität

Püttlingen · Die Resonanz war groß, als die "Selbsthilfegruppe Püttlingen - psychosoziale Suchthilfe" zum Informationsabend "Sucht im Alter" eingeladen hatte. Experten und Betroffene berichteten von ihren Erfahrungen.

Püttlingen. "Sucht im Alter" - zu diesem Thema hatte die "Selbsthilfegruppe Püttlingen - psychosoziale Suchthilfe" einen Abendvortrag organisiert, zum Thema referierte eine Expertengruppe der Fachkliniken Daun. Das Interesse war groß: "Der Saal des Pflegeheimes St. Augustin in Püttlingen war bis auf den letzten Platz besetzt", schildert die Selbsthilfegruppe in ihrem Pressebericht.

Ute Grönke-Jeuck, Bezugstherapeutin einer betroffenen Seniorengruppe mit fast 30jähriger Berufserfahrung, machte in ihrem Vortrag deutlich, wie fließend die Grenze zwischen notwendigem Medikamentengebrauch und Alkoholgenuss und dem Missbrauch sein kann. Dank medizinischer Fortschritte würden die Menschen älter, was jedoch mit einer immer umfangreicheren medikamentösen Stützung einher gehe. Ute Grönke-Jeuck erläuterte, wie gefährlich die Nebenwirkungen aus einem Cocktail verschieden medizinischer Pillen, Salben und Sprays sein können. Hinzu kämen die recht unterschiedlichen Verschreibungs-Gewohnheiten einiger Ärzte, die mitunter auch dem oft sehr trickreichen Begehren von Patienten und Angehörigen nicht gewachsen seien. Nicht selten würden Oma und Opa im Heim und im Krankenhaus sogar "am Personal vorbei" mit Alkohol versorgt. Gerhard B., 63 Jahre alt und derzeit Patient in Entwöhnungstherapie, sprach offen über sein vorheriges Leben als Familienvater und seine Arbeit als selbstständiger Meister im eigenen Handwerksbetrieb.

Verschiedene Unfälle, altersbedingte Erkrankungen und ein Bandscheibenvorfall ließen ihn mehr Alkohol trinken als ihm gut tat. Erst als einer seiner Enkel ihn mit den Worten "Geh weg, Opa, du stinkst" weg stieß, sei ihm plötzlich bewusst geworden, dass er ein ernsthaftes Alkoholproblem hatte. Ihm sei klar geworden, dass er etwas dagegen tun müsse, um das Zutrauen seiner Kinder und Enkel wieder zurück zu gewinnen. Er wollte doch seinen Betrieb geordnet übergeben, um den Ruhestand genießen zu können.

Ruth K., 72 Jahre alt, berichtete, wie sie durch die Therapie in Daun wieder ins Leben zurück gefunden habe. Sie hatte zuvor schon einige Therapieversuche hinter sich und glaubte sich danach auf der sicheren Seite. Bald sei es aber mit Prosecco am Morgen wieder losgegangen. Erst als sie sich nach einem Zusammenbruch hinter einer Trinkhalle inmitten leerer Flachmänner wiedergefunden habe, sei ihr klar geworden, dass es höchste Eisenbahn sei, nun ernsthaft etwas gegen die Alkoholsucht zu tun. Ihre Erkenntnis sei, dass man sich niemals zu sicher fühlen dürfe. Nun würde sie jeden Tag mit geänderter Wahrnehmung in die Realität zurück finden.

Sozialarbeiterin Andrea Ehses berichtete über die Möglichkeiten und jahrelangen Erfahrungen, die die Klinik Daun mit ihrer speziellen Seniorentherapie habe. Die Patienten der Seniorengruppe seien in der Regel zwischen 60 und 80 Jahre alt. Die Erfolgsquote einer Entwöhnungstherapie bei den Senioren liege in Daun bei über 80 Prozent. Das Hauptmotiv der älteren Patienten, die Therapie anzutreten, so Gerhard und Ruth, bestehe in dem Argument: "Wir wollten uns für unsere letzten Jahre im Ruhestand auch ein gutes Stück Lebensqualität zurück holen." Ihre persönliche Vorstellung und Teilnahme an der offenen Diskussion werteten Beide als einen ersten Schritt zurück ins normale Leben. Beide betonten zudem, wie wichtig für sie die Nachsorge in ihren Selbsthilfegruppen sei, in denen sie sich geborgen und verstanden fühlten. red

Auf einen Blick

Kooperation: Die "Selbsthilfegruppe Püttlingen - psychosoziale Suchthilfe" organisierte den Info-Abend in Kooperation mit der SAGAS , eine saarländischen Arbeitsgemeinschaft von Organisationen und Gruppierungen, die sich mit Abstinenz und Suchthilfe befassen, dazu gehören: Guttempler, Blaues Kreuz, Kreuzbund, Freundeskreise und SHG-Püttlingen. red

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