„Kää Geld fòor Laussalb, awwer de Bruljes mache!“

Manfred Willems aus Schiffweiler schickte mir ein Manuskript von mehr als hundert Seiten. In seinem Begleitbrief schreibt er, seit fünf Jahren habe er monatlich einen Beitrag unter dem Titel "Fria waa alles annaschd" verfasst und dabei die Erfahrung gemacht, dass das Mundartschreiben nicht einfach sei.

Manfred Willems hat mir schon vor einigen Jahren Manuskripte geschickt. Darunter waren Wörter, deren Übersetzung mir Kopfzerbrechen machte; so dauerte es eine Weile, bis ich die "Schuuneschdelle" als "Schuhneschdele" (Schuhnesteln = Schnürsenkel) entschlüsselt hatte. Das "Koowällje" hingegen konnte ich nicht deuten. Auch andere Wörter in seiner interessanten Sammlung sind schwer zu verstehen, denn wie so viele Mundartschreiber glaubt Manfred Willems, er müsse alle (e)r-Laute mit einem a wiedergeben. Folgerichtig schreibt er dann "Rengatuania" (Ringerturnier) oder "mia duafde" (wir durften). Das ist schade, denn diese Schreibweise trägt nicht zum flüssigen Lesen bei. Ich hätte stattdessen "Réngerturnier" und "mier durfde" geschrieben, so wie es bei den luxemburgischen, lothringischen und einigen saarländischen Autoren üblich ist.

Nach diesem kleinen Exkurs in die Orthographie wenden wir uns der Frage von Christel Keller aus Saarbrücken zu. Sie schreibt, sie habe ihrer kleinen Enkelin eine "Wunderhaarbürste" gekauft, damit ihr beim "Hòòrbirschde die Hollerzäbb nimmeh wehduun". Das Wort "Hollerzäbb" (Hollerzöpfe) für "verknotete Haare" sei ihr spontan eingefallen, in ihrem Freundeskreis habe es jedoch niemand gekannt, und auch im Saarbrücker Wörterbuch (von Braun/Mangold ) habe sie es vergebens gesucht. Was hat es damit auf sich? Antwort: Als Saarbrückerin war mir das Wort unbekannt. Ich lernte es erst vor vielen Jahren von den Lesern meiner Kolumne kennen, die meinten, es könne mit Frau Holle zu tun haben. Im Handwörterbuch des Deutschen Aberglaubens fand ich seinerzeit einiges über Frau Holle ; so soll sie in den zwölf Rauhnächten in die Häuser kommen und den Mädchen, die ihre Haare nicht ordentlich geflochten haben, einen "Hollenzopf" zausen. Im Pfälzischen Wörterbuch wird der "Hollen- oder Hollerzopf" definiert als "verfilztes, wirres Haar".

Warum kannten wir Saarbrücker das Wort "Hollerzopf" nicht? Gab es in der großen Stadt weniger geflochtene Zöpfe als in ländlichen Gegenden? Wie auch immer: Die Haare spielten im Volksaberglauben eine große Rolle: "En Kindbettern strehlt mer net verm neinte Dag, schunscht gehn re die Hoor aus" (Eine Wöchnerin kämmt man nicht vorm neunten Tag nach ihrer Niederkunft, sonst gehen ihr die Haare aus). "Mer därf kä Hòòr aus em Finschder werfe, sunschd baue die Väschel ihr Neschder demid, unn dann gebbd mer verriggd." Vor rothaarigen Menschen wurde gewarnt: "Roode Hòòr unn Erlehols waggse uff kääm gudde Boddem". "Die Roode hann immer de Schdään schunn im Sagg." "In rode Hoor en spetze Kenn steckt de Düwel drin."

Läuse im Haar der Kinder waren keine Seltenheit: "Gääe die Wuwwelscher hadd mer die Hòòr mid Beddrooljumm ingerieb unn de Kobb iwwer Naachd dsuugebunn" (Gegen die Läuse hat man die Haare mit Petroleum eingerieben und über Nacht zugebunden). Und da Läuse häufig anzutreffen waren, wurde der Nacken zur "Leiskaul" (Läusekuhle), der Scheitel zur "Laus-Allee" und der Kamm zum "Lausresche" (Lausrechen). Einen Angeber verspottete man: "Kää Geld fòòr Laussalb, awwer de Bruljes mache!"

Hinweis: Fragen und/oder Tipps können Sie per E-Mail an heimat@sz-sb.de schicken.

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