Junge Truppe improvisiert gekonnt

Saarbrücken. Eine Frau schläft auf dem Sofa, ein Mann wütet in langen Liebestöter-Unterhosen vor sich hin. Davor liegt ein weiterer Mensch, in Frischhaltefolie eingewickelt

Saarbrücken. Eine Frau schläft auf dem Sofa, ein Mann wütet in langen Liebestöter-Unterhosen vor sich hin. Davor liegt ein weiterer Mensch, in Frischhaltefolie eingewickelt. Die muss man sich aber momentan noch vorstellen, ebenso die Tatsache, dass die ganze Bühne durch Klarsichtfolie in einen unwirklich anmutenden Ort nach einer mutmaßlichen Katastrophe verwandelt ist - für die Proben darf kein Material verschwendet werden. Der konservierte Mensch entpuppt sich als ein gewisser Kaspar Hauser, der unfreiwillig in das Beziehungsgefüge der beiden letzten noch lebenden Menschen katapultiert wird. Die zwei sind damit beschäftigt, sich permanent gegenseitig zu therapieren; Kaspars Erscheinen als personifizierte Wahrheit ist eine Bedrohung, löst Erinnerungen und eine Krise aus. Während der eine eifersüchtig und aggressiv reagiert, versucht die andere, die Situation zu akzeptieren und durch Verhaltensänderung zu retten. Ob das gelingt? Mit dem Stück "Das Kaspar Hauser Syndrom" als Pilotprojekt startet am Samstag eine neue Reihe im Theater im Viertel (tiv). "Junge Autoren stellen sich vor", heißt das jüngste tiv-Kind, das nach der Devise "Theater von Jugendlichen für Jugendliche" Nachwuchsdramatikern ein Podium bieten möchte. Sehr jung ist der Autor des "Kaspar Hauser Syndroms", noch jünger seine Mitstreiter. Der Text, der das Phänomen Hospitalismus und die so genannte Erbprinztheorie verarbeitet, stammt von Jan Meyer, 20. Er führt auch Regie und bringt damit bereits seine zweite Inszenierung eines selbst geschriebenen Stoffes auf die Bühne. "stimmung null.eins" hieß das erste Opus, das vergangenen Sommer beim 20-jährigen Jubiläum des Jugendclubs des Theaters Überzwerg Uraufführung feierte. Auch damals waren Mitglieder der Jugendclubs von Überzwerg und Saarländischem Staatstheater mit von der Partie. Jetzt spielen Anna Schimrigk (17, Kaspar), Jannica Hümbert (18, Lisbeth) und Gabriel Schneider (17, Kerno). Regieassistentin ist Jenny Fuchs (20), die Technik fährt Josh Koch (18). Bei der technischen Einrichtung sind Profis von tiv und Überzwerg beratend tätig, das tiv greift in Sachen Werbung unter die Arme. Ansonsten wird alles selbst organisiert - Not macht erfinderisch: Ausstattungsteile wurden via Internet aufgetrieben, etwa ein ganzer Berg von Altkleidern, die als Hülle verstorbener Menschen die Vergangenheit symbolisieren. Alle sind mit so viel Enthusiasmus dabei, dass Jan Meyer vor Begeisterung strahlt: "Ich bin sehr zufrieden mit meiner Truppe!" Uraufführung: Samstag, 1. Mai, 19 Uhr, tiv - ausverkauft! Wieder: 20., 21. und 22. Mai. Karten, Infos: Tel. (06 81) 3 90 46 02.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort