Juncker in Luxemburg vor Rücktritt?

Luxemburg · Möglicherweise wird der luxemburgische Premierminister Jean-Claude Juncker heute zurücktreten. Hintergrund ist eine Geheimdienstaffäre. In einem Untersuchungsbericht wird Juncker als Verantwortlicher dafür genannt.

Die politische Zukunft von Luxemburgs Regierungschef Jean-Claude Juncker, dem Miterfinder des Euros, entscheidet sich heute. Wenn der 58-Jährige gegen 15 Uhr vor der Abgeordnetenkammer sprechen wird, könnte es womöglich dort sein letzter Auftritt in dieser Funktion sein. Es wird erwartet, dass Juncker während seiner zweistündigen Rede seinen Rücktritt erklärt. "Das muss der Premierminister selbst entscheiden, ob er sich einem Misstrauensvotum stellt oder selbst zurücktritt", sagte Regierungssprecher Guy Schuller gestern. Der Sprecher von Vize-Premierminister Jean Asselborn, Thomas Barbancey, sagte: "Alles ist möglich."

Wenn es zum Rücktritt Junckers käme, könnte dies auch den Rücktritt der gesamten Regierung bedeuten, heißt es in Luxemburg. Auch eine Neuwahl ist somit denkbar - der 20. Oktober gilt als möglicher Termin.

Hintergrund: Vorwürfe im Zusammenhang mit einer Geheimdienstaffäre im Nachbarland. Laut eines Untersuchungsberichtes des Parlaments ist Juncker dafür verantwortlich. Der Bericht wurde von allen in der Kammer vertretenen Parteien angenommen, mit Ausnahme der christdemokratischen CSV, der Partei Juckers. Da auch die Sozialisten (LSAP), die mit der CSV die Regierung stellen, dafür gestimmt haben, gilt die Koalition quasi als geplatzt.

Daher hofft die Opposition, dass die Sozialisten einen Misstrauensantrag gegen Juncker unterstützen, den sie - falls Juncker nicht seinen Rücktritt erklärt - noch heute stellen wollen. Die Sozialisten debattierten gestern hinter verschlossenen Türen. Daher sagte Außenminister Jean Asselborn (LSAP) einen Wahlkampftermin mit dem Fraktionschef der SPD-Bundestagsfraktion, Frank-Walter Steinmeier, in Schweich bei Trier ab.

"Wir hoffen, dass Juncker von sich aus die Verantwortung übernehmen wird", sagte ein Politiker der Luxemburger Grünen. "Sollte er sich vor der Verantwortung drücken, müssen wir die Verantwortung übernehmen", hieß es bei den Liberalen. Falls es zu vorgezogenen Wahlen im Oktober kommt, wird möglicherweise die aus Luxemburg stammende EU-Kommissarin Viviane Reding (CSV) neue Regierungschefin, und Juncker geht dafür nach Brüssel.

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