Johannes Kühn animiert Schüler zum Rappen
Theley · Im Deutschlesebuch der achten Klasse taucht das Gedicht „Stadtbesucher“ von Johannes Kühn auf. Rund vier Wochen befassten sich die Schüler mit dem Thema Großstadtlyrik. Dazu haben sie sich den preisgekrönten Hasborner Lyriker zu einer Autorenlesung ins Haus geholt.
Die Songs "Berlin" von der Band Ideal und "Dickes B" von Seeed werden genauso beim Thema Großstadtlyrik wie das Gedicht "Stadtbesucher" des Hasborner Lyrikers Johannes Kühn im Deutschlesebuch der achten Klassen an der Gemeinschaftsschule/Erweiterten Realschule (ERS) Schaumberg in Theley behandelt. Die Band Ideal gibt es nicht mehr. Seeed für einen Besuch in der Schule zu verpflichten, dürfte wohl schwierig werden, im Gegensatz zu dem im Nachbarort lebenden Dichter Kühn.
"Wir haben die Gelegenheit genutzt und einen so bekannten Schriftsteller zu einer Autorenlesung eingeladen", sagt Lehrerin Claudia Schmitt. Der 79-jährige Kühn trägt gemeinsam mit dem Germanisten-Ehepaar Irmgard und Benno Rech, den Schülern einen Gedichtkalender vor. "Die Gedichtsprache ist für viele noch eine Fremdsprache", führt Irmgard Rech ein. Beim Zuhören sei Konzentration gefragt, denn es werde viel gesagt. Leben im Dorf, Gasthaus, Natur, Arbeitergedichte und Mundart sind die Themengebiete, denen die Schüler lauschen. Das Literaten-Trio erzählt in Bildern, sie vergleichen die Realität mit der Fantasiewelt und denken in Metaphern.
Nach den vorgetragenen Versen werden Kühns niedergeschriebene Gedankengänge und Wortspiele näher erläutert. Mit Mundartgeschichten auf Häschber Platt, über einen Fratzenmacher und den Rechtsaußen, lockert Kühn seine Lesung auf. "Wenn wir das Theleyer mit Hasborner Platt vergleichen, sind die Theleyer einen Tick vornehmer als die Hasborner", weiß der Heimatschriftsteller. Zwischendurch biegen die Eheleute Rech ins Kühns Leben ab, präsentieren nette Anekdoten und schildern von den Reisen des Lyrikers, die den Schülern verdeutlichen, was der 79-Jährige, der vor ihnen sitzt, weltweit für einen Ruf als Versschreiber genießt. Schüler Tobias Scholl will mehr über seine Arbeitsweise erfahren: "Wie lange schreiben Sie an einem Gedicht?", fragt er. Fünf Minuten, antwortet Kühn, jeden Tag schreibe er drei Gedichte. "In welchem Alter haben Sie mit dem Schreiben begonnen?", will Rouven Schank wissen. Dazu Kühn: "Ich war 14 Jahre alt".
Im gleichen Alter sind die Achtklässler. Kühn beklagt, er habe noch nie ein Gedicht über eine Apfelsine geschrieben. Eben dieses Thema wollen die Schüler aufgreifen und es nun im Unterricht in einen Rap verpacken. "Damit entsteht die Verbindung von der klassischen zur modernen Lyrik", freut sich Irmgard Rech. Genauer gesagt wie im Deutschlesebuch die Verbindung des Heimatschriftstellers Kühn zur Berliner Reggae/Dancehall-Band. Damit nicht genug. "Die Lesung soll die Schüler auch weiter zum kreativen Schreiben anregen. Ziel ist es, Beiträge beim Lyrikwettbewerb Wortsegel der Gemeinde Tholey einzureichen", erklärt die stellvertretende Schulleiterin Margret Müller. Zitatgeber beim Schreibwettbewerb 2012 war Kühn selbst, der sehr angetan sei, dass die Schüler nun tätig werden.