Gastro-Kolumne Jesus, die Pfälzer und Weinschorle

Es ist Sommer. Es ist heiß. Schorle-Wetter? Unser Autor winkt ab. Er trinkt lieber Wein und Wasser getrennt. Doch dann wird er nachdenklich...

Jesus und die Pfalz, Wein, Wasser und Schorle
Foto: Robby Lorenz

Zugegeben, mit der Bibel habe ich nicht viel am Hut. Doch eine Stelle hat mich schon immer fasziniert: die Hochzeit von Kana. Da soll Jesus von Nazaret als Gast einer Hochzeitsfeier Wasser in Wein verwandelt haben.

Als ich vor etlichen Jahren an einem Fest in der Pfalz teilnahm, stellte ich mit Bestürzung fest, dass die Gastgeber Wein in Wasser verwandelten.  Sie schütteten massenweise Mineralwasser in den Rebensaft, nannten das Kaltgetränk Schorle und konnten nicht genug davon bekommen. Sie versahen das Getränk sogar mit dem männlichen Artikel und riefen: „Her mit dem Schorle!“

Für mich ist Weinschorle seither ein Trauma. Ich mag Wein – und ich trinke auch gerne Wasser. Aber getrennt. Alles andere ist Frevel an diesem Kulturgut. Da können die Sommer im Zuge des Klimawandels noch so heiß sein, Weinschorle kommt mir nicht ins Glas.

Dachte und sagte ich immer. Bis ich vor einiger Zeit einen Artikel in der Süddeutschen Zeitung las. „Weinschorle hat ihren schlechten Ruf völlig zu Unrecht“, hieß es da.  Und zitiert wurde ein Winzer aus Kirchheim an der Weinstraße (klar, in der Pfalz): „Bei uns ist Weinschorle ein Nationalgetränk, ein heiliges sogar.“ Worauf ich mich wieder an die Hochzeit von Kana erinnerte.

Aber etwas verunsichert war ich doch. Telefonierte mit einem Winzer aus dem Saarland, der meine Schorle-ist-Frevel-Meinung stützen sollte. Doch Simon Ollinger aus Perl-Sehndorf erklärte mir, dass er in der Pfalz studiert und Weinschorle als Standardgetränk kennengelernt habe. „Ich habe damit keine Probleme, zumindest bei Gutsweinen wie beispielsweise dem Elbling“, gab er zu Protokoll. Ganz entscheidend sei bei Weinschorlen, welches Wasser man nehme und wieviel. Zwei Drittel Wein und ein Drittel Wasser seien in Ordnung, mehr Wasser sollte es nicht sein, dann sei vom Wein nichts mehr zu schmecken. Und es müssten Wasser mit Kohlensäure sein, das sei entscheidend.
Aha, dachte ich. So einfach ist das mit dem Kulturgut-Frevel scheinbar doch nicht.  Und zog einen weiteren Weinkenner zu Rate: Ansgar Schmitz, Geschäftsführer des Vereins Moselwein in Trier. „Ich persönlich trinke keine Weinschorle. Gute Weine sind vom Winzer dafür nicht gemacht worden“, sagte er. Ich jubilierte innerlich.  Er trinke  zum Wein immer Wasser, natürlich getrennt, am liebsten zu jedem Glas Wein mindestens ein Glas Wasser. Jawoll – schoss  es mir durch den Kopf.
Am kommenden Wochenende wollten wir eigentlich Freunde in der Pfalz besuchen. Es ist heiß gemeldet. Schorle-Wetter. Gestern habe ich abgesagt – ich fahre mit meiner Frau an die Mosel.

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