"Jede Hilfe, die zu spät kommt, wird teuer"

Saarbrücken. "Es ist ein Irrtum zu glauben, Kinder an den Eltern vorbei erfolgreich unterstützen zu können. Wir müssen uns die Mühe machen, auf die Familien zuzugehen", sagt Heinz Hilgers (Foto: dpa), Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes

Saarbrücken. "Es ist ein Irrtum zu glauben, Kinder an den Eltern vorbei erfolgreich unterstützen zu können. Wir müssen uns die Mühe machen, auf die Familien zuzugehen", sagt Heinz Hilgers (Foto: dpa), Präsident des Deutschen Kinderschutzbundes. Hilgers hielt gestern in Saarbrücken die Festrede zum 40-jährigen Bestehen des Kinderschutzbundes Saar und ging dabei auf Probleme der Kinderschutzpolitik ein.2011 gibt es weniger als 14 Millionen Kinder in Deutschland, mehr als zwei Millionen leben dabei auf Sozialhilfe-Niveau. Hilgers Prognose: 2035 leben weniger als zehn Millionen Kinder in Deutschland, davon mehr als vier Millionen an der Armutsgrenze. Um das zu vermeiden, setzt der Präsident auf frühe Hilfen. "Jede Hilfe, die zu spät kommt, wird teuer", sagt Hilgers. Als Beispiel nennt er die Präventionskette des Dormagener Modells. Ein Programm zur frühen Förderung, das die Folgen von Kinderarmut mindert oder gar vermeidet. Angelehnt ist dieses Konzept an einen modernen Kinderschutz, der versucht, die Lebensbedingungen von Kindern und Familien positiv zu verändern. Das bedeutet, die Eigenkräfte der Familien zu stärken, soziale Konflikte und Notlagen zu erkennen und konkrete Hilfe zu leisten.

Kritik übt Hilgers an der Umsetzung des Bildungs- und Teilhabepaket. Die Aussage der Bundessozialministerin Ursula von der Leyen (CDU), Eltern wüssten die Angebote nicht zu nutzen, sei eine öffentliche Vernichtung von Erziehungskompetenzen. "Mit Ausnahme der Stadtstaaten konnten die Eltern das in den anderen Bundesländern noch gar nicht nutzen", sagt Hilgers. Es läge vielmehr an der Umsetzung in den Ländern selbst. Hamburg habe da Vorbildcharakter. Ohne viel Bürokratie würde die Stadt alle Leistungen, mit Ausnahme von Fahrtkosten, pauschal erbringen. "Ich kann allen nur empfehlen, diesen Weg zu gehen", sagt Hilgers und wendet sich dabei in Richtung der neuen saarländischen Sozialministerin Monika Bachmann (CDU).

Die sagte dem Kinderschutzbund zu, künftig Ansprechpartner zu sein. Sie bescheinigte dem Landesverband "ein großartiges ehrenamtliches Engagement". Mahnend, fordernd, helfend und kämpfend habe der Kinderschutzbund es geschafft, Lobby und Hilfe für Kinder zu vereinen, würdigte es Reiner Feth, Landesvorsitzender des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes. Er wiederholte die Forderung des Kinderschutzbundes, die UN-Kinderrechtskonvention in die Deutsche Verfassung aufzunehmen.

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