Serie Saartalk „Keine Zeit für zweites Referendum“

Saarbrücken · Jean Asselborn, Außenminister Luxemburgs, diskutiert über das Brexit-Chaos und den Konflikt in Syrien.

Jean Asselborn (links), Luxemburgs Außenminister war am Donnerstag Gast im Saartalk mit Norbert Klein und Peter Stefan Herbst (rechts).

Jean Asselborn (links), Luxemburgs Außenminister war am Donnerstag Gast im Saartalk mit Norbert Klein und Peter Stefan Herbst (rechts).

Foto: BeckerBredel

„In Großbritannien ist der Groschen gefallen, dass man den Brexit eben nicht oberflächlich lösen kann“, deutet Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn den Deal, den Großbritanniens Premierminister Boris Johnson und die EU-Kommission am Donnerstag geschlossen haben. Jetzt liege es an Johnson, den Deal am Samstag durch das britische Unterhaus zu bringen. Mit politischem Willen sei das machbar, sagte Asselborn am Donnerstagabend im Saartalk. Bei dem gemeinsamen Format von SR und SZ stellte sich Asselborn den Fragen der Chefredakteure Norbert Klein (SR) und Peter Stefan Herbst (SZ).

Allem voran müsse verhindert werden, dass es in Irland wieder eine Binnengrenze geben wird, sagte Asselborn. Der dienstälteste Außenminister der EU zeigte sich jedoch skeptisch, ob die Parlamentarier in Westminister dem Brexit-Deal tatsächlich zustimmen werden. Die nordirische DUP hat am Donnerstag bereits betont, Johnson nicht zu unterstützen. Für den Fall, dass es am Samstag tatsächlich zu einer Ablehnung des Deals komme, dann „darf sich die EU allerdings nicht zurückziehen“, betonte Asselborn. Johnson sei verpflichtet, mit einem Brief an die EU-Kommission um einen dreimonatigen Aufschub zu bitten.

Für diesen Fall rechnet Asselborn mit Neuwahlen in Großbritannien. Dabei wird Johnson nach Einschätzung des luxemburgischen Außenministers nichts zu befürchten haben. Ein zweites Referendum in Großbritannien hält Asselborn für ausgeschlossen. Dafür „fehlt den Briten die Zeit“. Stimmt das Unterhaus am Samstag dem Deal zu, hätte man letztlich „nur ein Jahr“ verloren, sagte Asselborn.

Seit 15 Jahren ist der Sozialdemokrat nun schon Außenminister des Großherzogtums. Während 2004 in Europa die Hoffnung noch an erster Stelle stand, sei diese mittlerweile von einem Gefühl der Angst ersetzt worden. Während man sich früher zusammengerissen habe, um nach vorne zu kommen, gebe es in Europa heute Akteure, die dies verhindern wollten. „Es gibt ein paar Länder in der EU, die sind nicht ganz zufrieden damit, was in Brüssel gemacht wird“, sagte Asselborn. Dabei gebe es die Verpflichtung, das Projekt EU „im Interesse unserer Kinder ins 21. Jahrhundert zu tragen“. Man könne die EU auch als größtes Friedensprojekt des aktuellen Jahrhunderts bezeichnen.

Umso schockierter sei er vom Einmarsch des Nato-Mitglieds Türkei in Syrien. So etwas gehöre nicht ins 21. Jahrhundert, und schon gar nicht von einem Land, das sich bemüht, in die Europäische Union aufgenommen zu werden „In der Nato gibt es auch eine Charta der Menschenrechte, und die wurde nicht respektiert.“ Asselborn verwies auf die Vereinbarung der syrischen Kurden mit Syriens Präsident Baschar al-Assad. Der werde auf die Besatzung im Norden reagieren. Im Falle eines Angriffs könne die Nato in den Konflikt hineingezogen werden, warnte Asselborn. Das wäre für ihn „außerirdisch“.

Ein Bündnis ganz anderer Art mit Luxemburgs Nachbarländern könne sich Asselborn im Bezug auf den Verzicht atomarer Energie vorstellen. Der französische Energiekonzern EdF hatte kürzlich beantragt, den Betrieb des Kernkraftwerks in Cattenom bis 2035 verlängern zu dürfen. Wenn Frankreich versuche, Atomkraft aus Cattenom durch alternative Energien zu ersetzen, würde Luxemburg sich beteiligen, sagte Asselborn. Cattenom mache auch in Luxemburg vielen Angst.

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