Trauer, Skandale und der Astronaut Jahresrückblick: Das war 2022 im Saarland los

2022 begann mit den Polizistenmorden von Kusel, Untreue-Skandale erschütterten das Saarland und auch der späte Prozess gegen den mutmaßlichen Täter des Anschlags von Saarlouis 1991, bei dem der Ghanaer Samuel Yeboah starb, begann.

 Auf der Kreisstraße 22 bei Kusel wurden die beiden Polizisten durch mehrere Schüsse des Wilderers getötet.

Auf der Kreisstraße 22 bei Kusel wurden die beiden Polizisten durch mehrere Schüsse des Wilderers getötet.

Foto: dpa/Sebastian Gollnow

An einem Montagmorgen Ende Januar 2022 hat ein grausamer Doppelmord an zwei Polizisten das Saarland und ganz Deutschland erschüttert. Nahe Kusel erschoss der Saarländer Andreas S., ein Wilderer, auf einer Landstraße mit mehreren Schüssen die Polizistin Yasmin B. (24) und den Polizisten Alexander K. (29). Die beiden aus Homburg und Freisen stammenden Polizisten in Diensten des Landes Rheinland-Pfalz hatten Andreas S. und seinen Helfer Florian V. kontrollieren wollen. Mit der Grausamkeit von Andreas S. konnten die beiden nicht rechnen.

SZ-Titelseiten aus dem Jahr 2022
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Foto: SZ

Polizistenmord in Kusel: Andreas S. muss ins Gefängnis

Der Richter Raphael Mall sprach am 30. November bei der Urteilsverkündung im Landgericht Kaiserslautern von dem Täter als „Menschenjäger“, den er des zweifachen Mordes für schuldig befand. Andreas S. bekam eine lebenslange Freiheitsstrafe. Richter Mall stellte die besondere Schwere der Schuld des Wilderers fest, der etwa 20 Stück erlegtes Wild in seinem Transporter hatte, als er seine Taten beging. Damit ist ausgeschlossen, dass der in Sulzbach noch am Tattag festgenommene Andreas S. nach 15 Jahren freikommt. Erfahrungsgemäß, so Richter Mall komme der verurteilte Doppel-Mörder nach 20 bis 25 Jahren auf freien Fuß.

Mehrere hundert Polizisten nahmen in Mainz an einem Gedenkmarsch für die bei einer Polizeikontrolle in Kusel getöteten Polizeibeamten teil. Mit weißen Nelken erinnerten die Beamtinnen und Beamten dabei an das Schicksal ihrer Kollegin und ihres Kollegen, die bei einer Fahrzeugkontrolle erschossen worden waren.

Mehrere hundert Polizisten nahmen in Mainz an einem Gedenkmarsch für die bei einer Polizeikontrolle in Kusel getöteten Polizeibeamten teil. Mit weißen Nelken erinnerten die Beamtinnen und Beamten dabei an das Schicksal ihrer Kollegin und ihres Kollegen, die bei einer Fahrzeugkontrolle erschossen worden waren.

Foto: dpa/Boris Roessler

Bei den Trauerfeiern für Alexander K. und Yasmin B. versammelten sich tausende Angehörige, Freunde, Bekannte und Kollegen in Freisen und Homburg, um den Ermordeten die letzte Ehre zu erweisen. Nach dem Soldatenmord von Lebach im Januar 1969, bei dem vier Bundeswehrangehörige ebenfalls auf hinterhältige Art getötet wurden, wird der Polizistenmord von Kusel in die Geschichte des Saarlandes als eine der grausamsten Mordtaten eingehen.

Mehr als 30 Jahre nach Brandanschlag in Saarlouis beginnt der Yeboah-Prozess

Ungesühnt bis heute ist auch eine weitere Mordtat, die 1991 aus rassistischen und rechtsextremistischen Motiven begangen worden sein soll. Beim Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim starb der Ghanaer Samuel Yeboah an den schweren Verletzungen. Doch Polizei und Staatsanwaltschaft legten den Fall bereits ein Jahr später unaufgeklärt zu den Akten, die Verantwortlichen breiteten einen Mantel des Schweigens über den tödlichen Anschlag aus, der in einer Zeit verübt wurde, als in Solingen, Mölln, Rostock oder Hoyerswerda ebenfalls Rassisten Häuser in Brand setzten, in denen dann Menschen starben.

Samuel Yeboah starb 1991 beim Anschlag in Saarlouis. Jetzt erst wird dem mutmaßlichen Täter der Prozess gemacht.

Samuel Yeboah starb 1991 beim Anschlag in Saarlouis. Jetzt erst wird dem mutmaßlichen Täter der Prozess gemacht.

Foto: Polizei Saarland

30 Jahre später nahm sich der Generalbundesanwalt des Mordfalls von Saarlouis an. Im April diesen Jahres entschuldigte sich Landespolizeipräsident Norbert Rupp (CDU) für die schlampigen Ermittlungen 1991/1992, eine eigene Ermittlungsgruppe geht den Fehlern von damals nach. Mit Peter S., einem Neonazi aus Saarlouis, konnte ein mutmaßlicher Täter inhaftiert werden, der sich seit November vor den Richtern des Oberlandesgerichts Koblenz verantworten muss. An der Einzeltäter-These der Staatsanwaltschaft gibt es Zweifel. Und mutmaßliche Verbindungen des Angeklagten Mitte der 90er Jahre mit Mitgliedern des späteren NSU-Mordtrios tauchten auf.

Untreue-Vorwürfe: Durchsuchungen bei der HWK

Noch ungeklärt sind ebenfalls die Skandal-Fälle, die der Landesrechnungshof unter der neuen Präsidentin Annette Groh der saarländischen Öffentlichkeit präsentierte. Hinter vorgehaltener Hand ging das Wort von der „Bananenrepublik“ um. Die Prüfer des Rechnungshofes fanden bei der Handwerkskammer überzogene Abrechnungen und nicht-pflichtgemäße Verwendungen von der Kammer zustehenden Haushaltsmitteln.

HWK-Präsident Bernd Wegner

HWK-Präsident Bernd Wegner

Foto: Peter Kerkrath

Mitte November durchsuchte die Polizei auf Beschluss des Amtsgerichts die Räume der Handwerkskammer, sowie die Geschäftsräume und das Privathaus des Kammerpräsidenten und Orthopädietechnikmeisters Bernd Wegner, der CDU-Fraktionsvize im Landtag ist. Dabei geht es um private Dienstwagennutzungen, überzogene Bewirtungsrechnungen, Abrechnungen von Weihnachtsfeiern oder Höhergruppierung von HWK-Mitarbeitern. In Teilen erinnert das Verfahren an den Fall des ehemaligen CDU-Innenministers, Fraktionschefs, Landtagspräsidenten Klaus Meiser im Skandal um den Landessportverband. Wegner wehrte sich, sah politisches Kalkül hinter den Untreue-Vorwürfen. Dennoch trat er von seinen Fraktionsämtern zurück.

Razzia in Kunsthochschule und Privatwohnungen

Ebenfalls dank der Prüfungen des Teams von Annette Groh im Frühjahr sah sich die SPD-Landesregierung gezwungen, gegen ehemalige Führungskräfte der Hochschule für Bildende Künste Saar (HBK) Anzeige zu erstatten. Ende Oktober kam es auf richterliche Anordnung zur Razzia in der Kunsthochschule und in Privatwohnungen. Wurde Geld, das eigentlich von privaten Gönnern und der öffentlichen Hand zur Förderung der Kunsthochschule des Saarlandes für bestimmte Projekte zur Verfügung gestellt wurde, missbräuchlich ausgegeben? Etwa für interne Feste, Wein, Essen in Restaurants, Betriebsausflüge oder Autoreifen? Für diese Frage interessieren sich Polizei und Staatsanwaltschaft.

Ivica Maksimovic

Ivica Maksimovic

Foto: Oliver Dietze

Sie ermitteln wegen des Anfangsverdachts der Untreue und des Subventionsbetrugs. Betroffen sind nach bestätigten SZ-Informationen unter anderem die Wohnung des früheren HBK-Rektors Professor Ivica Maksimovic (69) und der Ex-Rektorin und Professorin Gabriele Langendorf (61) sowie des Ex-Kanzlers der HBK (1989 – 2021) Heinrich S., der die Verwaltung der Hochschule mit 500 Studienplätzen leitete. Maksimovic ist eine bekannte Größe auch in der Saar-Politik, gestaltete er doch Wahlkämpfe, etwa für die CDU.

So ging es weiter im Schneidewind-Skandal

Der Untreue-Prozess gegen Homburgs suspendierten Oberbürgermeister Rüdiger Schneidewind muss nicht erneut aufgerollt werden. Der Bundesgerichtshof bestätigte im März das Urteil des Saarbrücker Landgerichts vom Januar 2021. Schneidewind ist damit in der so genannten Detektiv-Affäre rechtskräftig wegen Untreue verurteilt worden und dadurch vorbestraft. Das Saarbrücker Landgericht hatte im Januar 2021 in dieser Sache eine Geldstrafe von 120 Tagessätzen zu je 90 Euro gegen ihn verhängt. In der Summe muss der Kommunalpolitiker also 10 800 Euro zahlen. Schneidewind trat aus der SPD aus, der Stadtrat forderte seinen Rücktritt. Doch Schneidewind folgte diesem Ruf nicht. Der Schneidewind-Skandal schwelt weiter.

Skandal um GIU-Chef Welker: Ein Koffer voll Geld, ein Revolver & Nachforderungen in Millionenhöhe

Ebenso offen ist noch der Ausgang des Skandals um den Geschäftsführer der Saarbrücker städtischen Entwicklungsgesellschaft GIU, Martin Welker. Dieser war von CDU-Oberbürgermeister Uwe Conradt bereits als Baudezernent nominiert worden wegen Welkers Meriten um die Fertigstellung des Skandal-Baus Ludwigsparkstadion. Doch 2022 kommen höchst irritierende Dinge ans Licht: Welker stellt Millionen-Nachforderungen aus seiner Zeit als Anwalt für städtische Gesellschaften auf.

 GIU-Chef Martin Welker ist die schillerndste Gestalt in dem an Skandalen reichen Jahr 2022 im Saarland.

GIU-Chef Martin Welker ist die schillerndste Gestalt in dem an Skandalen reichen Jahr 2022 im Saarland.

Foto: BeckerBredel

In seinem Haus fanden Ermittler einen Koffer mit 389 000 Euro in bar, die angeblich ein Bekannter Welkers dort ohne Welkers Wissen abgestellt haben soll. Dieser Bekannte ist ein Eppelborner Bauunternehmer, der beim Ludwigspark zum Zuge kam. Ohne Welkers Zutun angeblich. Und bei Welker wurde ein Revolver im Safe gefunden, weshalb er sich vorm Neunkircher Amtsgericht verantworten musste. Als GIU-Chef ist er beurlaubt. Was kommt noch, fragt sich die Öffentlichkeit. Und was tun GIU-Aufsichtsrat, Stadtverwaltung und Stadtrat, um den Fall zu klären?

Der Saar-Astronaut Matthias Maurer

Der Saar-Astronaut Matthias Maurer

Foto: dpa/Harald Tittel

Astronaut Matthias Maurer

Große Freude gab es am 6. Mai im Saarland, als der Esa-Astronaut im Golf von Mexiko nach rund sechsmonatiger Weltraummission sicher wasserte. Ein Höhepunkt von Maurers Arbeit in der Weltraumstation ISS war der Außenbordeinsatz am 23. März 2022 mit seinem Nasa-Kollegen Raja Chari. Sie brachten neue Schläuche an einem Kühlsystem an, tauschten eine Kamera aus und schlossen Strom- und Datenverbindungen zur europäischen Forschungsplattform Bartolomeo an.

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