Kinderreichtum im Saarland „Großfamilien sind entweder sehr reich oder sehr arm“

Saarbrücken · Annika Gebhard, Mutter von drei Kindern, hat in diesem Jahr den Landesverband kinderreicher Familien im Saarland gegründet. Er hat 27 Mitgliederfamilien. Die Vereinigung fordert unter anderem mehr bezahlbare Freizeitangebote für Familien mit mehr als drei Kindern.

  Annika Gebhard, geboren 1981, dreifache Mutter und Vorsitzende des Verbands kinderreicher Familien im Saarland.

Annika Gebhard, geboren 1981, dreifache Mutter und Vorsitzende des Verbands kinderreicher Familien im Saarland.

Foto: Annika Gebhard

Frau Gebhard, brauchen wir mehr kinderreiche Familien in Deutschland?

GEBHARD Die Lebensmodelle gehen heute sehr stark auseinander, es gibt immer mehr Paare, die gar keine Kinder mehr möchten. Ich fände es gut, wenn wir zum Ausgleich mehr kinderreiche Familien hätten. Das Wichtigste ist aber, dass jede Familie frei entscheiden kann, ob und wie viele.

Ist diese Wahlfreiheit gefährdet?

GEBHARD Ja, weil man es sich kaum noch leisten kann, weder finanziell noch im Hinblick auf Energieressourcen. Der Alltag ist ja nahezu militärisch durchorganisiert. Wir beobachten auch, dass kinderreiche Familien entweder ein Sozial­fall oder sehr, sehr reich sind. In der Mitte sind sie kaum zu finden – auch weil man mit durchschnittlichem Einkommen keinen Anspruch auf Förderung hat.

Das Modell funktioniert doch nur, wenn man Unterstützung und einen Partner an seiner Seite hat...

GEBHARD Ja, wenn wir von Vereinbarkeit von Familie und Beruf sprechen, machen wir uns was vor. Frauen sind spätestens ab dem vierten Kind nicht mehr berufstätig. Es ist immer so, dass ein Partner nur ganz eingeschränkt arbeiten kann.

Ja, meistens die Frauen. Mit all den unangenehmen Folgen, Stichwort Rente. Sorgt Kinderreichtum nicht dafür, dass sich patriarchalische Strukturen verstetigen?

GEBHARD Die Co-Vorsitzende unseres Verbands, Christine Seitz, hat neun Kinder. Sie und ihr Mann sind auf Teilzeit. Aber Sie haben Recht: Dieses Modell ist die Ausnahme. Oft sind es tatsächlich die Frauen, die zu Hause bleiben. Aber auch hier frage ich: Warum sollte man sich nicht auch das aussuchen dürfen?

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