Ins Paradies bei Nacht

Völklingen · Im Dunkeln wirkt das Weltkulturerbe mit seinem Industriegarten noch einmal ganz anders. An die 300 Besucher sind zu einem kostenlosen Rundgang im Fackelschein durch die Völklinger Hütte gestartet.

 Hendrik Kersten führte die Besucher im Fackelschein durch die Hütte und den Paradies-Garten. Foto: Jenal

Hendrik Kersten führte die Besucher im Fackelschein durch die Hütte und den Paradies-Garten. Foto: Jenal

Foto: Jenal

"Das Ensemble zieht immer wieder an", erzählt Hermann Schmitt am Eingang des Völklinger Weltkulturerbes. Der Besucher aus Wadgassen hat die Hütte schon öfter besichtigt. Sein Enkel Benedikt Morschett wartet ebenfalls auf den Startschuss zur Fackelführung. "Ich interessiere mich vor allem für die riesigen Maschinen", berichtet der neunjährige Technikfan aus der Schweiz.

Auch Gäste aus dem Ruhrgebiet sind gekommen, Familie Reyers verbringt die Herbstferien in Kirkel. Eisenwerke kennt sie aus ihrer Heimat. "Ich will etwas Neues dazulernen", sagt der 13-jährige Jonas. Sein Papa freut sich "auf die besondere Atmosphäre bei Nacht", und die Mutter hofft auf schöne Fotos.

Der Andrang ist enorm, knapp 300 Hüttenfreunde starten am Mittwochabend zum kostenfreien Rundgang. Leiter Hendrik Kersten gibt Sicherheitshinweise: Die Fackel etwas schräg halten und auf den Vordermann aufpassen! Ziel ist das so genannte Paradies. Der spannende Weg in den Industrielandschaftsgarten führt am beleuchteten Schrägaufzug vorbei. Kersten erinnert an die aktive Zeit der "fürchterlichen Krachschleuder". Bis zur Stilllegung im Jahr 1986 produzierte die Hütte nicht nur viel Lärm. Rund 30 Tonnen Staub wurden täglich in die Luft geblasen.

Neben Kersten informieren einige Besucherbegleiter die Gäste. Der Lindwurm bewegt sich über den Hochofenplatz zur Kokerei. Hier lädt der Paradies-Garten zum Entspannen ein. Im Fackellicht lässt sich der morbide Charme des Areals nur erahnen. In den vergangenen Jahrzehnten durfte sich die Natur viel Terrain zurückerobern. Kersten verweist auf die "erstaunliche Vielfalt an Pflanzen und Tieren". Im Teichwasser tummeln sich Fische. Vögel, Füchse und Katzen fühlen sich in dem Biotop zwischen Kokerei und Saarufer ebenfalls wohl. Am Rande des Weges liegt ein Haufen Koks. Einige Kinder untersuchen das Material: Es ist leichter als vermutet. Und es ist nicht vom Himmel gefallen. Ein Video zeigt die schwere Arbeit bei brutaler Hitze.

Kersten berichtet von den Produktionsabläufen im Eisenwerk. Die Umwalzer, erklärt der Experte, galten als die "coolsten Jungs". Sie hatten allerdings auch einen "supergefährlichen Job". Die Besucher hören aufmerksam zu, schauen genau hin, fragen. Nach dem etwa einstündigen Rundgang treffen wir Hermann Schmitt wieder. Die Führung fand er "absolut beeindruckend". Sein Enkel ist ebenfalls begeistert. "Es war faszinierend", schwärmt Benedikt.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort