Indiskretionen beim Thema Windelmüll?

Marpingen. Die Windelmüll-Debatte heizt weiterhin den Marpinger Parteienstreit an. Und das, obwohl sich auf St. Wendeler Landkreisebene die Bürgermeister über Parteigrenzen hinweg im Grunde einig sind: Familien mit Kleinkindern und Pflegebedürftigen sollen ab kommendem Jahr bei den Müllgebühren entlastet werden. Sie müssten nach der neuen Gebührensatzung mehr bezahlen

 Ausgangspunkt des Parteienstreits: Einweg-Windeln. Foto: dpa

Ausgangspunkt des Parteienstreits: Einweg-Windeln. Foto: dpa

Marpingen. Die Windelmüll-Debatte heizt weiterhin den Marpinger Parteienstreit an. Und das, obwohl sich auf St. Wendeler Landkreisebene die Bürgermeister über Parteigrenzen hinweg im Grunde einig sind: Familien mit Kleinkindern und Pflegebedürftigen sollen ab kommendem Jahr bei den Müllgebühren entlastet werden.Sie müssten nach der neuen Gebührensatzung mehr bezahlen. Denn wegen des hohen Windelverbrauchs könnten betroffene Familien nicht auf Abfuhrtermine verzichten, glauben Politiker. Und das wird ab Januar teurer. Der Entsorgungsverband Saar (EVS), dem auch Marpingen angehört, hatte im Oktober die Gebühren so festgelegt (wir berichteten).

Die waren ursprünglich Auslöser für den Polit-Krach in Marpingen, der mittlerweile über die eigentliche Sachdebatte hinausgeht. Volker Weber (Foto: pr) ist sauer. Seiner Ansicht nach gelangten Informationen zum Windelmüll aus nichtöffentlicher Sitzung zu Unrecht an die Öffentlichkeit. Der SPD-Fraktionschef im Gemeinderat sieht den Schwarzen Peter bei der CDU. Konkret: bei Peter Keßler (Foto: pr), deren Fraktionschef. Weber: "Die SPD-Fraktion kritisiert das Verhalten der CDU scharf, auf Kosten der Verschwiegenheit beim Bürger populistisch punkten zu wollen."

Auslöser für seine verbale Attacke: Keßler hatte im Amtsblatt der Gemeinde über die nichtöffentliche Hauptausschuss-Sitzung, einem Gremium des Gemeinderates, berichtet. Dabei schilderte er unter anderem, dass die SPD-Mehrheit einen CDU-Antrag zum Windelmüll vertagt habe. Der Gemeinderat solle sich erneut mit dem Thema befassen.

Bereits Ende Oktober stand es dort auf der Tagesordnung. Damals setzte sich die Union mit ihrem Vorschlag durch, die Windeln jener Familien kostenlos zu entsorgen, die durch das Windelaufkommen über Gebühr belastet sind. Den Sozialdemokraten, zurzeit Mehrheitsfraktion, fehlten dabei Stimmen und schlugen somit erfolglos vor, eine landkreisweite Einigung abzuwarten.

Offen blieb damals, wie die Entsorgung vonstattengehen soll. Zwei Vorschläge gab es: entweder eine separate Abfuhr der Windeln auf Kosten der Gemeinde oder ein Zuschuss zu den regulären Müllgebühren ab 2011. Darüber sollten sich jetzt die Kommunalpolitiker im Hauptausschuss klar werden.

Während seiner nichtöffentlichen Sitzung hatte die CDU Keßlers Angaben zufolge unter anderem folgende Idee: Familien mit unter Dreijährigen und Erwachsenen, die an krankhafter Blasenschwäche (Inkontinenz) leiden, sollen nach Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung von Müllgebühr-Zuschüssen der Gemeinde profitieren. Ihre grauen 120-Liter-Restmülltonnen werden weiterhin 26 Mal pro Jahr geleert - zu dem jetzt gültigen Betrag von 179,04 Euro. Dafür sieht die EVS ab 2011 nur noch 19 Abfuhrtermine vor. Damit es bei 26 zum gleichen Preis bleibt, soll Marpingen die Mehrkosten übernehmen. Die CDU errechnete 47,18 Euro pro Familie und Jahr.

Doch damit setzte sich Keßler und sein Team im Hauptausschuss nicht durch. Die SPD-Mehrheit erreichte eine Vertagung. All das gab der CDU-Fraktionsvorsitzende jetzt bekannt.

Bereits zum zweiten Mal binnen eines Jahres habe Keßler so Abstimmungsverhältnisse aus nichtöffentlichen Sitzungen öffentlich gemacht. Weber kritisiert: "Dies ist ein unhaltbarer Zustand. Uns scheint es so, dass die CDU meint, sie wäre beim Kaffeekränzchen und könne munter alles ausplaudern, was ihr zu Ohren kommt." Das Vertrauensverhältnis werde von der CDU mit Füßen getreten, legt Weber nach.

Übrigens sei die SPD von Anfang an für einen Gebührenausgleich, wie jetzt von der CDU gefordert. Die ursprüngliche Idee der Christdemokraten, mit einem neben der Tonne abgestellten Windelsack das Problem zu lösen, hätte die Nutzer gebrandmarkt.

Meinung

Bürgermeister muss jetzt ran

Von SZ-RedakteurMatthias Zimmermann

Unordnung im Marpinger Gemeinderat. Jetzt muss Bürgermeister Werner Laub ran und für Ordnung sorgen. Es geht nicht an, dass sich die Fraktionen eher auf Nebenschauplätzen verzetteln, als sich um Sachthemen zu kümmern. Spätestens während der nächsten Gemeinderatssitzung noch in diesem Monat muss er das Zepter in die Hand nehmen und die Kommunalpolitiker in die Spur bringen. Und Laub als Sitzungsleiter ist verantwortlich, selbst über Entscheidungen zeitnah zu berichten.

Hintergrund

Grundsätzlich sind Gemeinderatssitzungen vorbereitende Ausschüsse nichtöffentlich. Ergebnisse aus diesen Sitzungen sind öffentlich, so lange sie nicht die Belange Dritter berühren. Üblicherweise gibt der Sitzungsleiter diese Ergebnisse bekannt. Unüblich ist es hingegen, Details zu den Abstimmungen zu veröffentlichen. All das regelt das Kommunale Selbstverwaltungsgesetz (KSVG). hgn

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