In der Online-Sackgasse

Saarbrücken. Es gibt Begriffe, die kommen wie Ungetüme daher. "Spontanvegetation" zum Beispiel oder "Lichtsignalanlage". Wie viel einfacher wäre doch Unkraut oder Ampel. Noch unverständlicher werden Begriffe, wenn sie aus dem Englischen geklaut und neu zusammengesetzt werden. So wie "eGovernment"

 So wirbt die Stadt Saarbrücken für ihren Internetauftritt: Behördengänge sollen die Bürgerinnen und Bürger zukünftig häufiger online machen können. Grafik: Landeshauptstadt Saarbrücken

So wirbt die Stadt Saarbrücken für ihren Internetauftritt: Behördengänge sollen die Bürgerinnen und Bürger zukünftig häufiger online machen können. Grafik: Landeshauptstadt Saarbrücken

Saarbrücken. Es gibt Begriffe, die kommen wie Ungetüme daher. "Spontanvegetation" zum Beispiel oder "Lichtsignalanlage". Wie viel einfacher wäre doch Unkraut oder Ampel. Noch unverständlicher werden Begriffe, wenn sie aus dem Englischen geklaut und neu zusammengesetzt werden. So wie "eGovernment". In Saarbrücken soll eGovernment die Zukunft der kommunalen Verwaltung werden. Und das heißt?"EGovernment" (electronic Government) so definiert es die Verwaltung, sei "die Abwicklung geschäftlicher Prozesse im Zusammenhang mit Regieren und Verwalten mit Hilfe von Informations- und Kommunikationstechniken über elektronische Medien". Das heißt für den Saarbrücker im Grunde nichts anderes als: Damit er nicht wegen jeder kleinen Sache ins Rathaus rennen muss, soll er ausgewählte Dienstleistungen der Stadt bequem über das Internet erledigen können. Das funktioniert in Saarbrücken bisher nur in kleinem Stile. Der Internetauftritt der Stadt ist in allererster Linie ein Informationsportal: Dort finden die Bürger Info- und Kontaktdaten von "A" wie Abfallberatung bis "Z" wie Zuschussangelegenheiten für Sportvereine. Zukünftig will die Stadt aber nicht nur Informationen bereitstellen, sondern Verwaltungsprozesse auch online abwickeln.

Informationsportal

Die Möglichkeit haben die Bürger schon ein "bisschen" unter der Rubrik "Onlinedienste". Hier können sie ihr Auto-Wunschkennzeichen reservieren, Gewerberegisterauskünfte bekommen, Parkplaketten beantragen, den Online-Katalog der Stadtbibliothek einsehen und beim Standesamt Geburts- und Heiratsurkunden sowie Auszüge aus dem Familienbuch anfordern.

Ob ein Antrag oder eine Dienstleistung online abgewickelt werden könne, hänge in allererster Linie davon ab, ob dafür eine rechtsverbindliche Signatur, also meist Unterschrift oder Personalausweis, notwendig sei, erklärt Petra Carl. Sie arbeitet in der Stabsstelle IT-Koordination im Stadtdezernat Bürgerdienste. Sobald man sich in irgendeiner Form ausweisen muss, wird es schwierig.

Seit November 2010 gibt es in Deutschland einen neuen Personalausweis. Der Neue im Scheckkartenformat hat einen integrierten Chip. Darauf werden neben den aufgedruckten persönlichen Daten auch das Foto sowie eine Pin und optional zwei Fingerabdrücke digital gespeichert. Um den neuen Ausweis zuhause für Onlinedienste zu nutzen, benötigt man spezielle Lesegeräte am PC. "Eigentlich zu umständlich", sagt Petra Carls Kollege im Stadtdezernat Bürgerdienste, Martin Weinberg. "Da fehlt dann schnell die Akzeptanz des Bürgers." Momentan kann man in Saarbrücken den neuen Ausweis im Internet noch nicht nutzen. Man wolle erst die Erfahrungen anderer Städte abwarten, heißt es aus der Stadtpressestelle.

Eine Stadt, die seit zwei Wochen den neuen Personalausweis in ihr Internetangebot integriert hat, ist Münster. Hier können die Bürger zum Beispiel online den Abtransport von Elektrogroßgeräten organisieren und müssen Formulare nicht umständlich schriftlich anfordern.

Die Kartenlesegeräte sind für die Verwaltung dort kein Problem: "Weil wir uns als Versuchsstadt gemeldet haben, stellt uns der Bund 40 000 Kartenlesegeräte kostenlos zur Verfügung, die sich die Bürger bei uns abholen können. Zusätzlich haben wir einen Infostand aufgebaut, wo Studenten den Bürgern bei Bedarf die Einrichtung und Nutzung der Geräte am heimischen Computer erklären", erzählt Karlheinz Werger, der für die Stadt das Projekt betreut.

In Saarbrücken kämpft man unterdessen noch mit den bürokratischen Hürden, die der neue Personalausweis aufstellt: War der Antrag eines Ausweises früher in rund acht Minuten erledigt, brauchen die Angestellten des Bürgeramtes beim neuen Ausweis rund 30 Minuten.

Auf einen Blick

Das kann man in Saarbrücken bereits online erledigen: u.a. Auto-Wunschkennzeichen reservieren, Gewerberegisterauskünfte bekommen, Bewohnerparkplakette beantragen, den Online-Katalog der Stadtbibliothek einsehen, beim Standesamt Geburts- und, Heiratsurkunden, Auszüge aus dem Familienbuch anfordern, Fundsachen-Suche und online im Stadtarchiv recherchieren.

Personalausweise: 4605 Saarbrücker haben neue Ausweise, knapp die Hälfte (2578) hat den Chip freigeschaltet. fab

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