SZ-Telefonaktion mit Dr. Jürgen Rissland Corona-Impfung auch für Allergiker? Virologe der Homburger Uniklinik gibt Auskunft

Homburg/Saarbrücken · Zahlreiche SZ-Leser haben sich am Montag bei der Telefonaktion mit dem Virologen Dr. Jürgen Rissland gemeldet. Der Informationsbedarf in Sachen Covid-19-Impfung scheint sehr hoch zu sein. Besonders viele Allergiker riefen mit Fragen zur Verträglichkeit der Impfstoffe an. Die SZ veröffentlicht eine Auswahl von Fragen und Risslands Antworten.

Impfung auch für Allergiker? Virologe der Homburger Uniklinik gibt Auskunft
Foto: dpa/Michael Reichel

Ich leide an der schweren Lungenerkrankung COPD und habe Bedenken, mich impfen zu lassen.

Gerade weil Sie COPD haben, sollten Sie sich impfen lassen. Wenn das Virus auf die Lungenerkrankung trifft, ist das nicht gut. Ich würde Ihnen daher dringend zur Impfung raten.

Ich habe eine schwere Schalentierallergie. Besteht da ein Risiko, wenn ich mich impfen lasse?

Sie müssen sich keine Sorgen machen. Man sollte sich auch bei allergischen Grunderkrankungen impfen lassen. Sie werden nach der Impfung im Impfzentrum länger nachbeobachtet werden.

 Dr. Jürgen Rissland, Leitender Oberarzt in der Virologie des Homburger Universitätsklinikums

Dr. Jürgen Rissland, Leitender Oberarzt in der Virologie des Homburger Universitätsklinikums

Foto: BeckerBredel

Ich bin Diabetiker und nehme wegen Rheuma Cortison. Wie sieht es mit einer Impfung aus?

Meine Empfehlung ist, sich auf jeden Fall impfen lassen. Vier Wochen nach der zweiten Impfung sollten Sie vom Hausarzt Blut abnehmen und die Antikörper untersuchen lassen. Das gilt für alle Menschen mit einer Immunsuppression.

Kann man sich trotz einer leichten Erkältung impfen lassen?

Wenn es ein banaler Schnupfen ist oder Sie eine geringe Temperaturerhöhung haben, die nicht höher ist als 38,5°C, ist es kein Problem.

Ich habe MS und soll mit AstraZeneca geimpft werden. Ich habe nichts gegen AstraZeneca, sorge mich aber davor, dass die Impfung einen Schub auslöst.

Es macht keinen wesentlichen Unterschied, welchen Impfstoff Sie bekommen. Bei Ihrer Grunderkrankung kann die Infektion mit dem SarsCoV-2-Virus einen schweren Verlauf nehmen. Deswegen würde ich zur Impfung raten. Wenn Sie AstraZeneca bekommen, kann es gerade in der ersten Nacht passieren, dass Symptome auftreten. Wenn die nicht nach zwei, drei Tagen weg sind, sollten Sie sich mit Ihrem Neurologen in Verbindung setzen.

Ich habe bis vor einigen Tagen Antibiotika genommen. Kann ich mich demnächst impfen lassen?

Ja, wenn die Antibiotika-Einnahme abgeschlossen ist, brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen. Man sollte nur nicht in einen noch laufenden Infekt hineinimpfen.

Ich bin hochgradiger Allergiker, unter anderem gegen bestimmte Medikamente und Wespengift. Als Pflegekraft könnte ich mich impfen lassen, bin aber sehr verunsichert.

Nicht impfen lassen ist nicht die richtige Konsequenz, sondern impfen lassen unter besonderen Vorsichtsmaßnahmen. Sie sollten es im Aufklärungsgespräch beim Arzt angeben. Wenn Sie in der Vergangenheit schon mal allergische Reaktionen gezeigt haben, wird man Sie im Impfzentrum länger nachbeobachten, 30 statt 15 Minuten. Die Impfzentren haben alle Reaktionsmöglichkeiten. Etwas anderes wäre es, wenn Sie bei der ersten Impfung eine anaphylaktische Reaktion zeigen würden; dann würde man die zweite Impfung nicht mehr machen.

Ich habe von Todesfällen nach Impfungen gelesen. Was sagen Sie dazu?

In allen Fällen, wo Todesfälle nach Impfungen berichtet worden sind, hat sich das als zeitlicher Zusammenhang herausgestellt, nicht als kausaler Zusammenhang. In Deutschland und auch in Großbritannien, wo schon deutlich mehr geimpft worden ist, deutet nichts darauf hin, dass eine Impfung ursächlich für einen Todesfall gewesen wäre.

Ich nehme Ibuprofen, kann ich mich impfen lassen?

Wenn es geht, würde ich es vor der Impfung nicht einsetzen, weil es die Immunreaktion dämpft.

Ist es okay, wenn man unter 65-jährige Dialyse-Patienten mit AstraZeneca impft?

Das ist kein Problem. Man muss die positive Wirkung des Impfstoffs gegen die potenziellen Nachteile abwägen. Das geht zugunsten der Impfung aus. Bei AstraZeneca treten unerwünschte Immunreaktionen klassischerweise eher bei der ersten Impfung auf, bei Biontech und Moderna eher nach der zweiten Impfung.

Kann ich mich jetzt mit AstraZeneca impfen lassen und im nächsten Jahr noch Biontech draufsetzen?

Das ist kein Problem. Bei einer Impfserie aus Erst- und Zweitimpfung sollte man immer den gleichen Impfstoff hinterherschicken. Aber fürs nächste Jahr ist das unerheblich. Wenn Sie jetzt AstraZeneca bekommen haben, können Sie im nächsten Frühjahr daher zum Beispiel auch Biontech als Auffrischung nehmen.

Ich bin Krebspatient und bekomme eine Immuntherapie. Kann ich mich trotzdem impfen lassen?

Es gibt grundsätzlich die Empfehlung, sich auch unter solchen Behandlungsansätzen impfen zu lassen. Ich empfehle, vier Wochen nach der zweiten Impfung Blut abzunehmen und den Antikörper-Titer bestimmen zu lassen.

Ich arbeite in einer Pflege-Einrichtung. Sind nach der Impfung trotzdem noch Schnelltests erforderlich?

Solange wir nicht genau wissen, wie gut die Impfstoffe auch die Übertragung der Viren einschränken, sagen wir erstmal: ja. Es gibt zwar erste Hinweise, dass die Impfstoffe auch die Übertragung der Viren einschränken, aber das ist noch nicht so richtig abschätzbar. Deshalb sollten Sie erstmal mit den Schnelltests weitermachen.

Wie lang dauert es, bis man nach der Impfung einen Schutz hat?

Sieben bis 14 Tage muss man dem Immunsystem die Chance geben, dass es reagiert. Bei dem AstraZeneca-Impfstoff haben Sie sogar schon nach der ersten Impfung einen hohen Wirkungsgrad von teilweise über 70 Prozent.

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