Alle Eigentümer im Saarland bekommen bald Post Das müssen Sie zur neuen Grundsteuer wissen
Saarbrücken · Es wird ein riesiger Kraftakt. Bundesweit müssen die Kommunen die Grundsteuer für bebaute und unbebaute Grundstücke ab 2025 neu festsetzen. Auch alle Grundstückseigentümer im Saarland sind verpflichtet, dem Finanzamt ab dem 1. Juli Daten zu liefern.
Grundsteuer müssen alle Eigentümer von bebauten und unbebauten Grundstücken einmal im Jahr bezahlen. Vermieter dürfen sie auf ihre Mieter umlegen. Die Kommunen erheben die Grundsteuer für unbebaute Grundstücke, Wohngrundstücke und gewerblich genutzte Grundstücke. Die Grundsteuer ist eine sogenannte Realsteuer, sie fließt direkt in die Kassen der Städte und Gemeinden. Dem Deutschen Städtetag zufolge ist die Grundsteuer mit über 15 Milliarden Euro pro Jahr eine der wichtigsten Einnahmequellen der Kommunen. Im Saarland kamen dadurch im Jahr 2020 rund 156 Millionen Euro zusammen.
Verfassungswidrige Grundsteuer
Bislang werden die Grundstücke in den alten Bundesländern nach ihrem Wert im Jahr 1964 bewertet, in den neuen Ländern wird sogar der Wert von 1935 zugrunde gelegt. Diese Jahrzehnte alten Werte werden als Einheitswerte bezeichnet. Zwar war vorgesehen, die Einheitswerte alle sechs Jahre zu aktualisieren, man nennt das Hauptfeststellung, doch wegen des großen Aufwandes wurde der Plan nie umgesetzt. Das Bundesverfassungsgericht sprach im April 2018 von einem Verstoß gegen das im Grundgesetz verankerte Gebot der Gleichbehandlung, weil nach bisherigen Recht gleichartige Grundstücke unterschiedlich behandelt werden. Wegen dieser „gravierenden steuerlichen Ungleichbehandlungen“ sei die bislang gültige Berechnung verfassungswidrig.
Der Gesetzgeber hat daher im Sommer 2019 eine Reform der Grundsteuer beschlossen, der Ende 2019 der Bundesrat zugestimmt hat. Die neue Grundsteuer wird ab 1. Januar 2025 erhoben. Da bis dahin die Werte aller 36 Millionen bebauten und unbebauten Grundstücke in Deutschland, darunter 580 000 im Saarland, neu festgestellt werden müssen, müssen die Bürger eine sogenannte Feststellungserklärung bereits in diesem Jahr abgeben. Sie muss grundsätzlich auf elektronischem Wege erfolgen. So gibt es das Bundesgesetz für alle Steuererklärungen vor. Doch im Saarland wird geprüft, in Einzelfällen auch die Papierform zuzulassen. In der Steuererklärung müssen die Grundeigentümer die Werte nennen, die am 1. Januar 2022 gegolten haben, dem Hauptfeststellungszeitpunkt, wie es im Amtsdeutsch heißt.
Grundsteuerwert wird neu berechnet – alle Saarländer bekommen bald Post
Alle Eigentümer von Grundbesitz werden Ende März 2022 durch das Bundesministerium der Finanzen im Bundessteuerblatt öffentlich zur Abgabe der Steuererklärung aufgefordert. Eine Einzelaufforderung der Eigentümer erfolgt nicht. Die saarländische Finanzverwaltung beabsichtigt jedoch, einen besonderen Service einzurichten, um die Grundsteuerreform erfolgreich zu meistern. Allen Eigentümern im Saarland soll Ende Juni 2022 ein Informationsschreiben zur Grundsteuerreform zugesandt werden. Der Brief enthält zudem ein Datenblatt. Darauf findet jeder Bürger individuelle Daten zu Gemarkung, Flurstück, Fläche und Bodenrichtwert. Diese müssen in der Steuererklärung aufgeführt werden, damit die Finanzämter den Grundsteuerwert errechnen können. Zusätzlich richtet das Saarland gerade eine Internetseite ein, auf der die für die Grundsteuer gültigen Bodenrichtwerte künftig abrufbar sein werden.
Mit der Grundsteuerreform tritt an die Stelle des bis 2024 gültigen Einheitswerts nunmehr der Grundsteuerwert. Er richtet sich nach dem Wert des Grundbesitzes und der Nettokaltmiete. Der Wert eines Grundbesitzes hängt vom Bodenrichtwert ab. Dieser gibt den Wert eines unbebauten Grundstücks in Euro pro Quadratmeter Grundstücksfläche an. Dieser Wert ergibt sich aus dem durchschnittlichen Kaufpreis von Grundstücken gleicher Nutzung in der Gemeinde oder im Gemeindebezirk. Der Bodenrichtwert wird daher auch als Grundstückswert bezeichnet.
Wie der Wert eines Hauses ermittelt wird
Zudem wird zur Berechnung des Grundsteuerwertes die statistisch ermittelte, durchschnittliche Nettokaltmiete herangezogen, also nicht die tatsächlich erzielte Miete. Bei der Nettokaltmiete handelt es sich um die Miete ohne Betriebs- und Nebenkosten, die zum Beispiel für Heizung, Müllabfuhr oder Wasser anfallen. Auch bei selbst genutzten, also nicht vermieteten Häusern und Wohnungen wird die Nettokaltmiete zur Wertermittlung zugrunde gelegt.
Die Nettokaltmiete orientiert sich an der Größe der Immobilie (Ein- oder Mehrfamilienhaus) beziehungsweise der Größe der Wohnung. Zudem spielen die Lage und das Alter eine Rolle. Neubauwohnungen und kernsanierte Häuser können in der Regel teurer vermietet werden als Altbauwohnungen. Da die Nettokaltmiete in den Städten und Gemeinden nicht gleich ist, legt die Finanzverwaltung auf Basis der Daten des Statistischen Bundesamtes für die einzelnen Kommunen sogenannte Mietniveaustufen fest. Je höher die Stufe, desto höher ist die Miete in einer Gemeinde oder in einem Gemeindebezirk.
Die Bürger müssen also keine Auskunft über ihre Mieteinnahmen geben. Sie müssen jedoch Angaben zum Gebäude machen, zum Beispiel zum Baujahr oder zur Wohnfläche. Dazu enthält das Datenblatt, das die saarländische Finanzverwaltung zur Verfügung stellt, aber keine Angaben. Diese müssen die Steuerpflichtigen selbst ermitteln. In der Regel ergeben sie sich aus den Bauunterlagen oder dem Kaufvertrag.
Gesetzgeber legt Steuermesszahl fest
Steht der Grundsteuerwert fest, wird er in einem zweiten Schritt mit der sogenannten Steuermesszahl multipliziert. Diese Messzahl legt der Gesetzgeber fest. Das Bundesgesetz setzt für Wohngrundstücke als Messzahl 0,31 Promille fest, für gewerblich genutzte Grundstücke 0,34 Promille. Hier jedoch macht das Saarland von der gesetzlich verankerten Möglichkeit Gebrauch, dass die Bundesländer eigene Messzahlen festlegen dürfen. Das hat laut saarländischem Finanzministerium zum Ziel, das Grundsteueraufkommen auf dem bisherigen Niveau zu halten, aber auch zu verhindern, dass bestimmte Eigentümergruppen deutlich stärker belastet werden als bisher, während andere künftig deutlich weniger Grundsteuer entrichten müssten.
Berechnungen des saarländischen Finanzministeriums haben gezeigt, dass mit den Messzahlen des Bundes die Eigentümer von Wohngrundstücken im Saarland mehr als bisher bezahlen müssten, auf gewerblich genutzte Grundstücke jedoch weniger Steuer erhoben würden. Daher hat das Saarland für Wohngrundstücke eine Steuermesszahl von 0,34 Promille und für Gewerbegrundstücke sowie unbebaute Grundstücke von 0,64 Promille festgesetzt.
Kommunen bestimmen über die Hebesätze
Wird der Grundsteuerwert mit der Steuermesszahl multipliziert, ergibt sich der Steuermessbetrag. Was die Bürger tatsächlich zahlen müssen, hängt vom dritten Schritt der Berechnung ab. Der Messbetrag wird noch mit dem Hebesatz multipliziert, den die jeweilige Kommune festlegt. Die Kommunen dürfen die Hebesätze selbst bestimmen. Sie sind allerdings dazu angehalten, die Hebesätze so anzupassen, dass die Grundsteuerreform insgesamt betrachtet aufkommensneutral bleibt. Dennoch werden einige Eigentümer mehr Grundsteuer bezahlen müssen, andere weniger. Da Kommunen für Gewerbe- und Wohngrundstücke keine unterschiedlichen Grundsteuer-Hebesätze festlegen dürfen, hat das Saarland sich für die unterschiedlichen Steuermesszahlen entschieden, um die Grundsteuer in etwa gleich zu halten.
Hier eine Beispielrechnung:
Der neu ermittelte Grundsteuerwert für ein Einfamilienhaus liegt bei 212 000 Euro, die Steuermesszahl bei 0,34 Promille, der Hebesatz der Kommune bei 430 Prozent. Das heißt: 212 000 Euro x 0,00034 = 72,08 Euro.
72,08 x 4,3 = 309,95 Euro Grundsteuer im Jahr.
Die Grundsteuer C
Das Bundesgesetz eröffnet auch die Möglichkeit, für baureife Grundstücke eine Grundsteuer C zu erheben. Damit soll Spekulanten Einhalt geboten werden. Vor allem in Ballungsgebieten mit Wohnungsmangel werden baureife Grundstücke oft als Spekulationsobjekte aufgekauft. Die neuen Eigentümer warten die Wertsteigerung ab und veräußern die Grundstücke anschließend gewinnbringend. Die Entscheidung über die Einführung der Grundsteuer C liegt bei der jeweiligen Kommune. Derzeit gibt es noch keine gesicherten Informationen über die Einführung der Grundsteuer C im Saarland.