Schlimme Situation auch im Saarland Immer mehr Rentner müssen zur Tafel gehen

Osnabrück/Saarbrücken · In Deutschland sind neuen Angaben zufolge 350 000 Rentner auf gespendetes Essen angewiesen. Auch im Saarland steigt die Zahl der bedürftigen Senioren.

Bei den Tafeln zur Verteilung kostenloser Lebensmittel stehen immer mehr bedürftige Senioren für Essen an. Inzwischen sei fast jeder vierte Kunde Rentner, sagte der Vorsitzende des Bundesverbandes der Tafeln in Deutschland, Jochen Brühl, der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Die Zahl habe sich binnen zehn Jahren auf 350 000 verdoppelt.

Brühl appellierte an die Politik, Armut ernsthaft zu bekämpfen. „Es nützt doch nichts, wenn Politiker in Wahlkampfzeiten unsere Essensausgaben besuchen. Das lehne ich zunehmend ab.“ Gerne könnten die Volksvertreter außerhalb des Wahlkampfs vorbeischauen und helfen, „aber für schöne Bilder halten wir nicht her“. Armut sei der Nährboden für das Gefühl, abgehängt zu sein „und damit letztlich auch Wegbereiter des Extremismus“.

Die Präsidentin des Sozialverbands VdK, Ulrike Mascher, nannte die Entwicklung „ein deutlich sichtbares Signal“ dafür, dass die Alters­armut auf dem Vormarsch sei. „Die Politik muss endlich handeln.“ Der Paritätische Wohlfahrtsverband forderte eine grundlegende Reform der Alterssicherung. Um Altersarmut wirksam zu bekämpfen, müsse das gesamte System neu aufgestellt werden. Auch die Linke zeigte sich alarmiert. Parteichef Bernd Riexinger twitterte: „So was darf in einem reichen Land nicht sein!“

Nach Angaben von Sabine Altmeyer-Baumann, der Vorsitzenden  des Landesverbands der Tafeln in Rheinland-Pfalz und dem Saarland, ist mittlerweile auch hierzulande gut jeder vierte Tafelkunde ein Rentner. Der Anstieg sei nicht vom Himmel gefallen. „Wir haben die Politik schon vor zehn Jahre auf diese Entwicklung hingewiesen“, betonte sie. Auch Hedwig Maghdounieh von der Saarbrücker Tafel, die täglich mindestens 80 Menschen versorgt, bestätigte den bundesweiten Trend. „Es muss dringend etwas passieren gegen die Altersarmut. Die Politik muss handeln“, sagte sie der SZ. Was die Menschen genau zur Tafel bringt, erfährt Maghdounieh kaum. „Die Menschen, die kommen, schämen sich oft, nehmen sich schnell was und gehen.“

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