Im Saarbrücker Rat tobt der Tunnelstreit Charlotte Britz will mehr Geld vom Bund

Saarbrücken. Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen sind die Saarbrücker Stadtratsparteien in die neu entfachte Debatte um den Bau eines Stadtautobahntunnels eingestiegen. Die SPD habe "nicht vor, sich durch die kalte Küche zu verabschieden", sagte Fraktionschef Peter Bauer. Sie stehe zum Projekt "Stadtmitte am Fluss"

Saarbrücken. Mit gegenseitigen Schuldzuweisungen sind die Saarbrücker Stadtratsparteien in die neu entfachte Debatte um den Bau eines Stadtautobahntunnels eingestiegen. Die SPD habe "nicht vor, sich durch die kalte Küche zu verabschieden", sagte Fraktionschef Peter Bauer. Sie stehe zum Projekt "Stadtmitte am Fluss". Dass die Stadt kein Geld zur Finanzierung des Tunnels in den Haushalt einstelle, liege nur am Land. Es stehe "die Frage im Raum: Will das Land weiterhin die Stadtmitte am Fluss? Darauf brauchen wir eine eindeutige Antwort".

"Ob es um 'Stadtmitte am Fluss', die desaströse Haushaltssituation etc. geht, hört man immer wieder nur: 'Das Land soll…, der Ministerpräsident muss…, das Land ist schuld…, das Land muss helfen…'", hält der CDU-Stadtverordnete Hermann Hoffmann dagegen. Dass Britz die Landesregierung öffentlich attackiere, schade der Stadt.

Linkspartei-Fraktionschef Rolf Linsler hat die CDU aufgefordert, sich in Berlin für mehr Geld starkzumachen. Der Bund müsse den Autobahntunnel bezahlen - auch wenn ein Bericht des Bundesrechnungshofs das Gegenteil sagt (die SZ berichtete). Der Vorsitzende der FDP-Stadtratsfraktion, Friedhelm Fiedler, forderte gestern Ministerpräsident Müller und Oberbürgermeisterin Britz auf, "das Tunnelprojekt schnell zu beerdigen und mit den Tricksereien und Schuldzuweisungen aufzuhören". Das Geld für den Tunnel sei nicht da. Und das Hochwasser der letzten Wochen habe gezeigt, was während der Bauphase täglich passiere: "Dann bestimmen kilometerlange Staus und Chaos das Straßenbild. Handel, Handwerk und Gewerbe in Saarbrücken müssen mit gravierenden Umsatzeinbußen rechnen." Frau Britz, Sie sagen, über den Tunnel wird 2013 entschieden. Was ist 2013 anders als heute?

Britz: Peter Müller und ich haben uns im Sommer in einem gemeinsamen Gespräch vereinbart, dass wir 2013 nach einem Planfeststellungsverfahren über den Tunnel entscheiden. Im Planfeststellungsverfahren werden folgende Fragestellungen geklärt: Zustimmung des Bundesverkehrsministeriums zu den detaillierten Genehmigungsplanungen im Autobahnbereich, Klärung und Genehmigung aller umweltrechtlichen Fragen, Bürgerbeteiligung mit öffentlicher Erläuterung aller verkehrstechnischen, städtebaulichen, umweltrechtlichen und gegebenenfalls privatrechtlichen (Anlieger und Grundstückseigentümer) Fragen. Bei allen Beteiligten - Stadt, Land, Bund und EU - besteht Einvernehmen darüber, dass die professionelle Klärung dieser Fragen ab 2013 Grundlage für die weiteren Entscheidungen sein wird.

Gehen wir einmal davon aus, dass der Bund nicht mehr Geld als die zugesagten 64 Millionen Euro beisteuert und die EU dabeibleibt, zwar 50 Millionen für "Stadtmitte am Fluss", aber kein Geld für den Tunnel selbst zu geben. Welche Entscheidung empfehlen Sie dem Stadtrat dann?

Britz: Wir haben das Projekt von Anfang an in Realisierungs- und Entscheidungsstufen aufgebaut. Diese sind bereits in unserem Internetauftritt vom August 2009 dargestellt. Wir haben immer zwischen vorlaufenden Tunnel-unabhängigen und späteren Tunnel-abhängigen Projekten unterschieden und gleichzeitig unsere begründete Erwartung an eine höhere Bundesbeteiligung formuliert. An dieser Erwartung hat sich nichts geändert. Deshalb haben wir im Sommer 2010 in Abstimmung mit der EU und mit dem Land die Umsetzung des Projektes in Modulen weiter ausgearbeitet. Ich habe von Anfang an vorgegeben, dass durch die Finanzplanung für das Projekt die Erfüllung unserer Aufgaben von Kinderbetreuung, Bildungsangeboten bis zur Beseitigung von Winterschäden nicht beeinträchtigt werden darf. Diese Vorgabe ist auch Leitfaden für die Ausarbeitung der Finanzierungsvereinbarung mit dem Land. Alle Schritte, die wir jetzt zum Beispiel an der Berliner Promenade realisieren, sind sinnvoll und durchfinanziert. Diese Grundsätze geordneter Haushaltsführung und Finanzierung werden auch bei der Realisierung weiterer Schritte gelten. Wir sehen die höhere Bundesbeteiligung nach wie vor als Voraussetzung für die weiteren Entscheidungen zum Tunnel.

Können Sie verstehen, dass man den Eindruck hat, Stadt und Land schustern sich gerade gegenseitig die Verantwortung für das Scheitern des Projekts zu?

 So könnte die Stadtmitte am Fluss aussehen. Foto: DFKI

So könnte die Stadtmitte am Fluss aussehen. Foto: DFKI

Britz: Ich kann den Eindruck sehr gut verstehen, und ich finde es bedenklich, dass der Ministerpräsident mich in der Presse angreift, ohne sich vorher mit mir zu verständigen. Deshalb erwarte ich jetzt eine klare Aussage des Ministerpräsidenten gegenüber mir.

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