Im Rentenalter ist nicht Schluss

Bübingen. Wenn die Bevölkerung schrumpft, wird es für spezialisierte Unternehmen wie die Ursapharm Arzneimittel GmbH & Co. KG in Bübingen immer wichtiger, die Erfahrung der älteren Mitarbeiter so lange wie möglich zu nutzen. Bestes Beispiel ist der Leiter der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung, Dr. Klaus Eschmann (65)

Bübingen. Wenn die Bevölkerung schrumpft, wird es für spezialisierte Unternehmen wie die Ursapharm Arzneimittel GmbH & Co. KG in Bübingen immer wichtiger, die Erfahrung der älteren Mitarbeiter so lange wie möglich zu nutzen. Bestes Beispiel ist der Leiter der medizinisch-wissenschaftlichen Abteilung, Dr. Klaus Eschmann (65). Der ging im März ganz offiziell in Rente, unterschrieb aber noch einen Drei-Jahres-Beratervertrag. "Ich habe hier Projekte angestoßen, die ich noch beenden will", sagt Eschmann in seinem Büro. "Die Arbeit hat mir einfach zuviel Spaß gemacht." Das Unternehmen ist froh, sein Wissen weiter nutzen zu können. Eschmann hat schon bei einem Chemie-Konzern gearbeitet und schätzt an Ursapharm besonders, dass es wenige Ansprechpartner gibt und Entscheidungen innerhalb weniger Tage gefällt werden. In einem mittelständischen Unternehmen trage der Einzelne auch viel mehr Verantwortung. Das gefällt Eschmann, und deshalb kommt er halbtags weiter an seinen Arbeitsplatz. Obwohl es ihm zuhause sicher nicht langweilig wäre, versichert er. Denn in seiner Freizeit baut Eschmann gerne Flugmodelle. Die müssen jetzt aber noch ein bisschen warten. Der Bevölkerungsrückgang macht Ursapharm scheinbar keine Angst. Das versichert zumindest Marketingleiter Boris Röder. "Wir hatten schon immer Probleme, hochqualifizierte Facharbeiter zu finden und schreiben Stellen oft bundesweit aus." Mit dem demografischen Wandel habe das aber nichts zu tun, eher schon mit den besonderen Produkten wie Augen- oder Nasentropfen, die an speziellen Maschinen in Bübingen hergestellt werden. Hochqualifizierte Mitarbeiter machen den Erfolg des Unternehmens aus: Pharmazeuten, Apotheker, Biochemiker, medizinisch-technische und chemisch-technische Assistenten. Weil deren Wissen so wichtig ist, würden sie eben auch im Alter nicht einfach nach Hause geschickt, erklärt Röder. Hinzu kommt, dass die Arbeit im Labor oder bei der Herstellung der Arzneimittel nicht so körperlich anstrengend wie an einem Fließband ist. Dafür sind aber Präzision, Hygiene und Erfahrung gefragt. Denn Ursapharm könne nicht ein Produkt einfach zurückrufen wie ein Autokonzern. Boris Röder schätzt noch eine andere Eigenschaft an den Älteren: Die Fehlerquote sei oft geringer. Wie viele Mitarbeiter über 50 Jahre bei Ursapharm arbeiten, kann er nicht sagen. Aber nach einer Statistik der Bundesagentur für Arbeit im Saarland steigt der Anteil der über 50-Jährigen an den sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten seit Jahren und lag Ende März 2009 bei 26,6 Prozent.Die Belegschaft bei Ursapharm habe sich in den vergangenen 15 Jahren auf rund 400 verdreifacht, sagt Röder: "Wir haben keinen Nachwuchsmangel, müssen aber etwas dafür tun. Und wir reagieren frühzeitig, um Ersatz für ausscheidende Mitarbeiter zu bekommen." Ein Plus für die Bübinger: Die meisten Mitarbeiter kommen aus dem Saarland und der Großregion. Röder: "Viele sind schon seit über 20 Jahren da." Flexible Arbeitszeitmodelle sorgten dafür, dass im Alter nicht mehr so leistungsfähige Mitarbeiter weiterbeschäftigt werden können. Aber auch wenn jemand früher gehen wolle, gebe es eine Lösung, sagt Boris Röder. Für Dr. Klaus Eschmann kam das nicht infrage. Er ist froh, dass er auch noch im Rentenalter seine Kraft fürs Unternehmen einsetzen und seine Projekte abschließen kann.

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