Reinhard Klimmt wird 75 Im dritten Leben Publizist und Sammler

Saarbrücken · Ende 2000 hat sich Reinhard Klimmt, Ex-Ministerpräsident und Ex-Bundesverkehrsminister, aus der Politik verabschiedet. Heute feiert der Sozialdemokrat, Buchautor und Kunstfreund seinen 75. Geburtstag.

 Der Historiker Reinhard Klimmt liebt Bücher, die ihn auch in seinem Haus in Saarbrücken zahlreich umgeben.

Der Historiker Reinhard Klimmt liebt Bücher, die ihn auch in seinem Haus in Saarbrücken zahlreich umgeben.

Foto: Oliver Dietze

„Mir geht es gut“, sagt Reinhard Klimmt, Ex-Ministerpräsident des Saarlandes und früherer Bundesverkehrsminister, heute wieder über sich. Die schwere Krankheit samt Operation und Therapie habe er überstanden. Vor etwa einem Jahr lautete die Schockdiagnose noch: Darmkrebs.

Im Dachgeschoss seines Eigenheimes in der Nähe des Saarbrücker Zoos, das den Charakter eines privaten Museums hat, sitzt der frühere Bundes- und Landespolitiker sichtlich erholt und bei bester Laune zwischen Bücherbergen und afrikanischen Figuren an einem runden Tisch. Klimmt, in Berlin geboren, in einem Dorf bei Osnabrück groß geworden und seit seinen Studentenjahren im Saarland, saß von 1975 bis 1999 für die SPD im Landtag. Davon fast 14 Jahre als mächtiger und einflussreicher Fraktionschef. Im Rückblick plaudert er über vergangene Zeiten in der Politik, über Weggefährten und Freunde. Im Kreis seiner Familie (Ehefrau Christa, zwei Töchter, ein Sohn, vier erwachsene Enkel) und einiger Kumpels feiert er heute seinen 75. Geburtstag.

Mit „mein Kumpel“ adelt der Sozialdemokrat und Fan des 1. FC Saarbrücken etwa Ex-Bahnchef Hartmut Mehdorn, die ehemaligen FCS-Spieler Dieter Ferner und Egon Schmitt, seine früheren Mitarbeiter Rainer Knauber und Peter Löw sowie den Regisseur Christoph Diem. Auch über seinen ehemaligen Parteifreund Oskar Lafontaine (heute Linken-Fraktionschef im Landtag) sagt er: „Oskar ist immer noch mein Kumpel und Freund, auch wenn er dies anders sehen sollte.“ Das Verhältnis der einstigen SPD-Vormänner war sicherlich schon besser. Klimmts salomonischer Kommentar dazu: „Wir haben beschlossen, nicht über die Medien miteinander zu kommunizieren.“

Zu Zeiten der SPD-Alleinregierung im Saarland (1985 bis 1999) galt der Historiker und Kunstfreund für viele als die „graue Eminenz der Landespolitik“. Für seine SPD war er der Vordenker und der Genosse, der sein Ohr nahe an der Parteibasis, am Volk hatte. Noch heute ist er gerne in Ortsvereinen unterwegs. Wenn er zu Jubilarehrungen gerufen wird, steigt er ins Familienauto, einen knallroten 2CV. In dieser Ente, Baujahr 1988, war er gelegentlich auch als aktiver Politiker unterwegs. Heute packt er seinen aus der Pfalz stammenden schwarzen Terrier „Arjen“ zum gemeinsamen täglichen Ausflug in den Oldie ein.

„In meinem dritten Leben bin ich Publizist und Sammler“, sagt Jubilar Klimmt über sich. Im ersten Leben als Student und Jungsozialist, da „habe ich es krachen lassen“. Das zweite Leben als Politiker galt dem Ernst des Lebens.

Als sein „Opus magnum“ (bedeutendstes Werk) bezeichnet Publizist Klimmt „Reihenweise“, zwei Bände über die Taschenbücher der 1950er Jahre und deren Gestalter. 60 000 Euro investierte er in diese fast 1000 Seiten starke kulturgeschichtliche Arbeit („Ein Buch, wie ich es will“). Mehr als 30 000 Bücher gehören übrigens zur privaten Sammlung. Und Büchernarr Klimmt wurde auch zum Unternehmer. Das Mitglied im PEN-Zentrum Deutschland ist an der Saarbrücker Buchhandlung St. Johann GmbH & Co. KG beteiligt.

Langweilig wird es dem Polit-Pensionär nicht. Er sitzt im ZDF-Fernsehrat. Auch zahlreiche weitere Ehren­ämter fordern ihn. Um nur einige zu nennen: Er ist Vorsitzender des Kulturvereins Burbach, des Kuratoriums der Studienstiftung Saar, des Stiftungsrats der Stiftung Demokratie, und des Landesverbandes Saar im Deutschen Bibliotheksverband.

Auch zu seinem 75. Geburtstag wird es keinen Orden oder Ehrenvorsitz geben. Solche Auszeichnungen lehnt Klimmt schlichtweg ab.

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