"Ihr lebt ja hier in einem Paradies"
Braunshausen/Urexweiler. Zwei Hamburger im Saarland. Eigentlich nichts Besonderes. Zwei Hamburger zu Gast in Urexweiler. Auch nichts Außergewöhnliches. Doch jetzt wird's schon speziell
Braunshausen/Urexweiler. Zwei Hamburger im Saarland. Eigentlich nichts Besonderes. Zwei Hamburger zu Gast in Urexweiler. Auch nichts Außergewöhnliches. Doch jetzt wird's schon speziell. Wenn die zwei Hamburger Brüder sind, beide ehemalige Fußball-Nationalspieler waren mit zusammen 26 Länderspielen, beide in den 60er Jahren für den Hamburger Sportverein (HSV) von rechts und links ihre Mitspieler mit Flanken "fütterten" und jüngst ausgerechnet in Urexweiler zu Gast waren, dann hat das für Gert "Charly" und Bernd Dörfel einen besonderen Grund. Und der heißt Toni Huber (54). Der Urexweiler Bub, Buchautor, Schriftsteller und Förderpreisträger lebt und arbeitet seit 1983 in Hamburg. Dort lernte der Wahl-Hamburger die beiden Brüder kennen - und versprach ihnen, sie in seine Heimat an die Saar einzuladen. Bisher kannten die Dörfel-Brüder vom Saarland nur das Ellenfeldstadion in Neunkirchen, in dem sie 1964 in einem Bundesligaspiel gegen die Borussia angetreten sind. Jetzt machten die beiden Norddeutschen erstmals Bekanntschaft mit Land und Leuten an der Saar - und waren auf Anhieb verliebt in die Schönheiten und Sehenswürdigkeiten.Gleich am ersten Tag zeigte ihnen ihr "Fremdenführer" Huber eines der Wahrzeichen des Landes, die Saarschleife. "So ein tolles Landschaftsbild konnte ich mir nie vorstellen. Ebenso wenig Euer Weltkulturerbe, die Völklinger Hütte. Als ich dort Che Guevara auf einem Bild aufgebahrt sah, dachte ich, der lebt", schildert Bernd Dörfel. Die Umgebung von Urexweiler und das St. Wendeler Land hat er mit dem Fahrrad erkundet. Bruder Gert hat nicht die Zeit dazu gehabt, musste mit Frau Lydia nach drei Tagen dem Saarland und seinem Gastgeber Toni Tschüss sagen. Aber nicht ohne vorher mit Bruder Bernd ein Wiedersehen mit zwei "alten" Kollegen aus Bundesliga-Zeiten zu feiern. Und so saßen "Charly" und Bruder Bernd mit den Theleyern Gottfried Peter (Borussia Neunkirchen und 1860 München) und Rüdiger Gratz (Borussen-Stürmer) in der Gomms Mühle.Lustiger DialektHier an Willis Nachrichten-Börse an der A1 ist alles 1a. Mit am Tisch als Gesprächspartner der erfahrene, Jahrzehnte lange Trainer Rudolf Mähler, Oberstudienrat aus Theley, Gastgeber und "Wanderführer" Huber, und als aufmerksame Zuhörer Lydia, "Charlys" Frau und die Saarbrücker Zeitung. Und die hat verdammt viel erfahren. Denn aus den Hamburgern sprudelt es nur so heraus. Schon an diesem ersten Abend haben sie die Menschen in ihr Herz geschlossen. "Alles nette, sympathische und urige Leute, die wir getroffen haben. Sich mit ihnen zu unterhalten, ist die wahre Freude, denn ihr Dialekt ist sehr lustig. Wenn ich auch nicht alles verstehe, so haben wir uns am Ende aber doch verstanden", erzählt Bernd, der jüngere der beiden Brüder. Nicht minder schwärmt der Naturliebhaber von der "traumhaften Gegend" mit den vielen saftig-sattgrünen Wiesen und Auen im St. Wendeler Land und seinen Nachbarkreisen. "Beeindruckend für mich auch die Berge mit ihren Kuppen, die ich bei uns in Norddeutschland vermisse. Das ist ja hier wie in den Schweizer Alpen. Ihr lebt ja in einem Paradies", stellte der Städter fest. Seiner Heimatstadt Hamburg hat Bernd Dörfel jetzt mit 63 Jahren den Rücken gekehrt. Ich habe mit dieser "immer mehr versifften Stadt abgeschlossen und mir einen Jugendtraum erfüllt. Ich führe jetzt ein modernes Zigeunerleben." Ein Vagabundenleben ohne Frau, ohne Familie. Bernd Dörfel hat sich für 50000 Euro ein Wohnmobil gekauft. "Die Geschichte mit dem Reisemobil hatte ich schon lange im Kopf. Wenn ich mit dem Auto unterwegs war und die Wohnmobile sah, überkam mich immer das Fernweh. Wunsch fuhr mitDeswegen fuhr dieser Wunsch immer mit", erzählte der gelernte Kfz-Mechaniker. Und der Wunsch mit dem Wohnmobil führte den "Frührentner", wie er sich bezeichnet, jetzt von Norddeutschland ins Saarland. Von seinem Gastgeber ging es am Mittwoch an den Bodensee und in die Schweiz, wo Dörfel bei Servette Genf "meine beste Zeit als Fußballer" hatte. Im September startet er die Italien-Rundfahrt. "Italien liegt mir sehr am Herzen, ich spreche auch italienisch. Ich interessiere mich für die Geschichte des Landes und freue mich auf die Warmherzigkeit im Süden Europas." Und an was erinnert sich der moderne Vagabund Bernd Dörfel dann in der weiten Welt? "An Eure schöne Heimat, das Lebensgefühl und die liebenswerten Menschen", reagierte er spontan. Hat es dem schlanken Mann mit seinem "Kampfgewicht" von 72,5 Kilo auch geschmeckt? Das Wasser läuft Bernd Dörfel im Mund zusammen. "Ich bin bei Euch und bei Willi mit einer sensationellen, deftigen Hausmannskost verwöhnt worden, die mir zum Teil unbekannt war. Die Currywurst bei Mecki in Hüttigweiler oder die Zwiebelschmier beim MG Frohsinn Hüttigweiler, die Bohnensupp mit Apfelpfannkuchen oder die Bibelchessupp und der Linseneintopf, das waren für mich ein Gaumenschmaus. Einfach deftig und passend zu Eurem Land", kam prompt die Antwort. "Auf diese Kost sind beide voll abgefahren", versicherte sein Gastgeber Toni. So gestärkt konnte Bernd Dörfel sein Zigeunerleben fortsetzen. "Ich komme wieder", versprach der Naturmensch, "hoffe aber, Ihr habt dann weniger Baustellen und Umleitungen."