„Ich bin ein Konzepttrainer“

Völklingen · Günter Erhardt ersetzt Werner Weiß als Trainer bei Fußball-Oberligist SV Röchling Völklingen. Wie der Ex-Trainer der SV Elversberg den Abstieg verhindern will, erklärt er im Interview SZ-Mitarbeiter Fredy Dittgen.

 Bisher sieht Günter Erhardt bei seiner neuen Mannschaft noch keinen Grund zur Freude: Röchling Völklingen schwebt in Abstiegsgefahr. Foto: Schlichter

Bisher sieht Günter Erhardt bei seiner neuen Mannschaft noch keinen Grund zur Freude: Röchling Völklingen schwebt in Abstiegsgefahr. Foto: Schlichter

Foto: Schlichter

Sie haben zwei Jahre pausiert - warum so lange?

Günter Erhardt: Zum einen, weil ich vertraglich bei Elversberg noch gebunden und in meinem Beruf bei der Staatsanwaltschaft beurlaubt war. Da muss man gewisse Fristen einhalten. Zum andern aber auch, weil bei den Anfragen, die ich hatte, nichts dabei war, was mich veranlasst hätte, aus dem Ruhestand zurückzukehren. Ich muss aber sagen: Die Pause hat mir gut getan. Der Akku ist wieder aufgeladen, die Aufgabe in Völklingen reizt mich und ich freue mich darauf.

Haben Sie Völklingen in dieser Saison schon mal spielen sehen?

Erhardt: Ja, mehrmals.

Und wie lautet Ihre Diagnose?

Erhardt: Das Tabellenbild lügt nicht. Die Mannschaft ist instabil im Abwehrbereich, die Qualität fehlt dort. Sie hat nur einen gelernten Innenverteidiger, da wurden die größten Fehler in der Kaderplanung gemacht. Vielleicht war man da ein bisschen zu blauäugig, später konnte man nicht mehr reagieren. Hinzu kommt die mangelnde Torgefahr. Außer Sammer Mozain ist keiner richtig torgefährlich.

Sie sagten unserer Zeitung, sie wollen eine neue Begeisterung wecken - haben Sie einen Masterplan?

Erhardt: Die Negativstimmung muss weg. Da sind nicht nur die Spieler, sondern auch die Fans, das Präsidium, das komplette Umfeld gefordert. Es muss ein neues Feuer entfacht werden, nur dann springt das auch auf die Mannschaft über. Wichtig sind auch die nächsten vier Wochen, ob es uns gelingt, Verstärkungen heranzuziehen. Ich weiß, es ist ein Weg der kleinen Schritte.

Sie sagten auch, dass Sie härter arbeiten wollen. Was bedeutet das in der Praxis?

Erhardt: Wenn man auf dem letzten Platz steht, muss man mehr tun, als die Mannschaften, die vor uns sind. Wenn schon die Qualität nicht besser ist, muss die körperliche Verfassung so gut sein, dass man Spiele hinten raus auch noch gewinnen kann. Viele Spiele wurden in der zweiten Halbzeit abgegeben, da mangelt es an der Konzentration. Eine Oberligamannschaft sollte vier Mal die Woche trainieren (Anmerkung der Red.: Völklingen hatte zuletzt nur noch drei Trainingseinheiten pro Woche).

Was zeichnet den Trainer Günter Erhardt aus?

Erhardt: Ich bin ein Konzept-trainer und bevorzuge den Offensivstil und ich bin ein Verfechter der modernen Trainingslehren. Ich habe einen Spielgedanken, den ich nun auch in Völklingen umsetzen will.

Wie sieht der aus?

Erhardt: Ich lasse gerne hoch verteidigen, dafür braucht man Abwehrspieler mit einer gewissen Schnelligkeit. Ich will Pressing, Gegenpressing und will Tempofußball sehen. Ich bevorzuge das Spielsystem 4-4-2, das man auch mal in ein 4-2-3-1 oder ein 4-3-3 mit zwei Achtern und zwei Sechsern variieren kann.

Völklingen hat eine Menge Häuptlinge, aber vielleicht zu wenig Indianer. Werden Sie in die Hierarchie der Mannschaft eingreifen und sie neu ordnen?

Erhardt: Ich kenne die Hierarchien hier noch nicht und kann das aus der Ferne nicht beurteilen. Darüber kann ich mir erst ein Bild machen, wenn ich mit der Mannschaft arbeite. Dann wird sich zeigen, wer sich als Führungsspieler herauskristallisiert. Und zwar nicht nur verbal - sondern auch auf dem Platz. Der wird bei uns auch eine Führungsrolle übernehmen. Günter Erhardt soll den SV Röchling Völklingen vor dem Abstieg aus der Fußball-Oberliga retten. Mitte der vergangenen Woche hat das Oberliga-Schlusslicht den 53-jährigen Justizbeamten aus Fechingen für zwei Jahre unter Vertrag genommen (wir berichteten). Am vergangenen Freitag wurde Günter Erhardt nun den Fans und Spielern öffentlich vorgestellt.

Die "Trainerfindungskommission" des SV Röchling Völklingen hatte nach dem Rücktritt von Trainer Werner Weiß mit vier Kandidaten über die Nachfolge gesprochen, neben Erhardt wurde auch mit Heiko Wilhelm, Michael Petry und Peter Rubeck verhandelt. "Wir haben uns für Erhardt entschieden, weil er einer der renommiertesten Trainer des Saarlandes ist und überall, wo er arbeitete, große Erfolge vorweisen konnte", sagte der Vorsitzende Wolfgang Brenner. "Ich bin froh, dass ich hier das Vertrauen geschenkt bekommen habe. Ich bin mir der Schwere der Aufgabe bewusst, scheue mich aber nicht davor und bin zuversichtlich, dass wir mit der Aufholjagd beginnen werden", erklärte Erhardt. Er betonte aber auch: "Wir werden eine überragende Rückrunde brauchen, um das Ziel Klassenverbleib zu erreichen." Dafür seien auch neue Spieler notwendig: "Natürlich befinden wir uns im Winter dafür in einer schwierigen Phase, die meisten Spieler sind unter Vertrag, aber ich bin zuversichtlich, dass wir in allen Mannschaftsteilen Verstärkungen bekommen werden", so Erhardt. Er sagte außerdem: "Ich habe gehört, dass einige Spieler Angst vor mir haben. Es wird gemunkelt, dass ich ein böser Schleifer bin. Doch das Einzige, was ich nicht kann, ist verlieren. Wenn wir immer gewinnen, bin ich gut gelaunt."

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