Humorvoll, bissig und voller Weisheit "Ich will mir Mühe geben"

Merzig. "Im Paradies gibt's keine roten Ampeln" - mit dieser Sammlung von Glossen ist Hellmuth Karasek am Freitag, 9. November, um 20 Uhr zu Gast in der Stadthalle in Merzig. Es ist die dritte Lesung innerhalb des ersten Literaturfestivals im Landkreis Merzig-Wadern

 Hellmuth Karasek kommt in die Merziger Stadthalle. Foto: VA

Hellmuth Karasek kommt in die Merziger Stadthalle. Foto: VA

Merzig. "Im Paradies gibt's keine roten Ampeln" - mit dieser Sammlung von Glossen ist Hellmuth Karasek am Freitag, 9. November, um 20 Uhr zu Gast in der Stadthalle in Merzig. Es ist die dritte Lesung innerhalb des ersten Literaturfestivals im Landkreis Merzig-Wadern. Im Gespräch mit SZ-Redakteur Mathias Winters stellt Karasek seine humorvollen und zuweilen bissigen Betrachtungen vor.

Doppelmoral und Liebe

Es sind Themen, die alle betreffen und die von politischen Missständen wie Doppelmoral und Bestechlichkeit über Liebe bis hin zu Sex reichen. Hellmuth Karasek macht dabei selbst vor dem Papst nicht halt. Glossen definiert er für sich so: Glossen sollen Fragen, die niemand stellt, scheinbar dumm beantworten und damit ihre Weisheit offenbaren. Der Klappentext des Buches verrät, was Leser und die Zuhörer in Merzig erwartet: "Hellmuth Karasek betrachtet mit sicherem Blick für das Kuriose oder gar Absurde das große und kleine Weltgeschehen, konstatiert, fragt, wundert sich: darüber, wem die Stunde schlägt, wo die Raucher Feuer fangen, warum eine Frau rot-rot sieht, der Postmann twittert, der Fuchs den Reim gestohlen hat, und wer sich beim Bahnhofsbau zu Babel blamiert."

Hellmuth Karasek wurde 1934 in Brünn geboren. Nach dem Abitur studierte er in Tübingen Germanistik, Anglistik und Geschichte. Ab 1966 leitete er über 20 Jahre lang das Kulturressort des Magazins "Der Spiegel". Nach der Tätigkeit beim Spiegel war er bis 2004 Mitherausgeber der Berliner Tageszeitung "Tagesspiegel". 1992 wurde Karasek Honorarprofessor am theaterwissenschaftlichen Institut der Universität Hamburg.

Bekannt unter dem Titel "Das Literarische Quartett" war Hellmuth Karasek mit Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki über viele Jahre im Fernsehen erfolgreich. Als Autor schreibt er für die "Welt" und "Welt am Sonntag". Parallel arbeitete er an eigenen Büchern. Es erschienen zahlreiche Romane, Essays und Glossen.

Karten für die Lesung gibt es für zwölf Euro. Weitere Informationen: Kreiskulturzentrum Villa Fuchs, Bahnhofstraße 25, Merzig, Tel. (0 68 61) 9 36 70 oder per Mail: info@villa-fuchs.de.

Klimaerwärmung, William Shakespeare und Marienkäfer - wo begegnen Ihnen die Geschichten und Inspirationen zu den Texten wie im Buch "Im Paradies gibt es keine roten Ampeln"?

Hellmuth Karasek: Den Marienkäfern bin ich bei ihrer Plage auf den nordfriesischen Inseln begegnet, die Klimaerwärmung habe ich aus der Zeitung und am eigenen Körper erfahren, und Shakespeare steht in meinem Bücherregal.

Sind Sie jemand, der für den Fall einer zündenden Idee oder für ein skurriles Erlebnis immer Block und Stift dabei hat?

Karasek: Leider nicht, so dass ich fürchte, dass ich die besten Ideen, die ich mir merken wollte, vergessen habe.

Tokio Hotel, Twittern, SMS, Youtube und Posten - all das taucht in Ihren Texten auf. Wie stehen Sie zu den Errungenschaften der digitalen Welt?

Karasek: Wäre ich jünger, so würde ich die Errungenschaften der digitalen Welt als existenzielle Bedrohung empfinden, weil sie meinen Atemraum in Zeitungen und Buchhandlungen einengen.

Dazu gehören auch E-Books. Lesen Sie selbst eher noch ein gedrucktes Buch oder die digitalisierte Variante?

Karasek: Ich habe noch nie ein E-Book gelesen.

Halten Sie es für möglich, dass E-Books das klassische Buch irgendwann ersetzen können?

Karasek: Ich halte es nicht nur für möglich, ich fürchte und sehe es kommen, wenn ich an das Beispiel Nordamerika und die asiatischen Länder denke. Allenfalls könnte ich mir als Flugreisender vorstellen, E-Books in den Urlaub mitzunehmen.

Ihrer Einschätzung nach, welchen Wert hat Lesen noch in der heutigen Zeit?

Karasek: Wenn Sie unter Lesen im buchstäblichen Sinn nur Lesen verstehen, so hat das digitale Zeitalter zu mehr Lesen geführt, ob Twitter, E-Mail oder SMS, ob Internet oder Videotext, überall wird das Lesen verlangt.

Gerade junge Leute lesen immer weniger bis gar nicht mehr. Wie würden Sie ihnen das Lesen als Alternative zu Fernsehen und Computer schmackhaft machen?

Karasek: Ich versuche, junge Leser dadurch zu animieren, dass ich ihnen auf Lesungen etwas vorlese. Das geschieht zu meinem Vergnügen und Nutzen, wie hoffentlich auch dem der Zuhörer, die ich dadurch vielleicht auch als Leser gewinne.

Sie sind herrlich selbstironisch. Ist das Teil Ihrer Lebenseinstellung?

Karasek: Wie sagt unser Lieblingsdichter Schiller: "Der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb".

Was dürfen die Zuschauer von der Lesung in Merzig mit Ihnen erwarten?

Karasek: Dass ich mir Mühe geben will, und sie hoffentlich die Mühe nicht merken. "Ich habe noch nie ein E-Book gelesen."

Hellmuth Karasek

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