Ländlicher Raum Wir müssen weg vom Kirchturmdenken

Kirkel · Im Bildungszentrum der Arbeitskammer in Kirkel-Neuhäusel hatten sich gut 100 Akteure des ländlichen Raums versammelt, um mit Umweltminister Reinhold Jost über die Dorf- und Regionalentwicklung zu diskutieren.

 Die Herausforderungen des ländlichen Raums (hier Niederbexbach) war Thema eines Vortrages des saarländischen Ministers für Umwelt und Verbraucherschutz, Reinhold Jost (SPD), bei der Arbeitskammer in Kirkel.

Die Herausforderungen des ländlichen Raums (hier Niederbexbach) war Thema eines Vortrages des saarländischen Ministers für Umwelt und Verbraucherschutz, Reinhold Jost (SPD), bei der Arbeitskammer in Kirkel.

Foto: Markus Heitz/heitz

„Der ländliche Raum steht vor vielen neuen Herausforderungen. Die alten Rezepte taugen nicht mehr, um unsere Dörfer für die Zukunft lebensfähig und lebenswert zu erhalten“, stellte der saarländische Umweltminister Reinhold Jost fest und lud rund 100 Akteure des ländlichen Raumes ins Bildungszentrum der Abeitskammer nach Kirkel-Neuhäusel ein. Die Bürgermeister, Ortsvorsteher, Vertreter von Fachbehörden, Vereinen und Verbände diskutierten über Ideen, Projekte und Fördermöglichkeiten in der Dorf- und Regionalentwicklung. Im Zentrum stand dabei der Europäische Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raumes (Eler), der einen wesentlichen Beitrag dazu leistet, den ländlichen Raum zukunftsfähig zu machen, heißt es in der Pressemitteilung des Veranstalters.

„Dorfentwicklung ist längst mehr als reine Dorfverschönerung. Es geht nicht darum, unsere Dörfer in Museen zu verwandeln. Hochwertiger und zeitgemäßer Wohnraum im Dorfkern, Treffpunkte für die Dorfgemeinschaft, örtliche Arbeitsplätze, wohnortnahe Grundversorgung, schnelles Internet, sozialer Zusammenhalt und demographischer Wandel – das sind nur einige der Herausforderungen, die es zu meistern gilt“, so Jost, der diesem Thema hohe Priorität einräume, denn „mit rund 460 000 Menschen lebt fast die Hälfte der Saarländerinnen und Saarländer im ländlichen Raum“.

Der demographische Wandel mache orts- und gemeindeübergreifende Zusammenarbeit unumgänglich. Aus diesem Blickwinkel stelle sich die Frage, ob in jedem Dorf jede Infrastruktur vorgehalten werden könne und müsse. „Wir müssen wegkommen vom Kirchturmdenken“, fordert der für den ländlichen Raum zuständige Minister.

Die Entwicklung dürfe auch nicht einhergehen mit weiter steigendem Flächenverbrauch. Jost: „Boden ist eine knappe Ressource, die nicht beliebig vermehrbar ist. Bevor wir weiterhin land- oder gar forstwirtschaftliche Flächen für Neubaugebiete opfern, müssen wir Bausubstanz im Ortskern modernisieren und heutigen Ansprüchen anpassen, nicht mehr nutzbare Leerstände abreißen oder Brachflächen nutzbar machen, um so innerörtlichen Wohn- und Arbeitsraum zu schaffen. Ein großes Potenzial bietet dabei auch die Revitalisierung von Industriebrachen. All das ist auch eine Form von Nachhaltigkeit. Denn was ist nachhaltiger, als ein vor 200 Jahren errichtetes Gebäude instand zu setzen und für weitere Generationen nutzbar zu machen?“

Ein unverzichtbares Instrument sei dabei die aus Mitteln der Europäischen Union, des Bundes und des Saarlandes finanzierte Förderung der nachhaltigen Dorfentwicklung. Über den Eler und die Bund-Länder- Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes“ (GAK) sowie den Landeshaushalt fließen in der Förderperiode 2014 bis 2020 über 58 Millionen Euro in den ländlichen Raum des Saarlandes. Davon sind allein 5,7 Millionen Euro an EU-Mitteln und noch einmal so viele nationale Mittel für die nachhaltige Dorfentwicklung sowie weitere acht Millionen Euro für Leader-Projekte eingeplant.

Minister Jost: „Damit können wir vier Leader-Regionen mit rund 330 000 Einwohnern, also fast drei Viertel der ländlichen Bevölkerung, finanzieren. Leader ist schon deshalb ein unverzichtbarer Ansatz, weil hier die Bürger vor Ort selbst Verantwortung für ihre Region übernehmen und mit ihrem Budget richtungsweisende Entscheidungen treffen, um ihre eigene Region zu entwickeln. Wir setzen also rund 18 Millionen Euro gezielt für die Regional- und Dorfentwicklung ein, um den ländlichen Raum nach vorne zu bringen.“

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