Waldbesitzer können aufatmen

St. Ingbert. Wie ein Paukenschlag muss die Nachricht bei den Forstbetrieben und Waldbesitzern gewirkt haben, dass es seit dem 1. Januar 2013 eine neue Betriebsanweisung zur Verkehrssicherungspflicht gibt. Das klingt wenig spektakulär, ist aber sehr wohl "revolutionär", wie Förster Bodo Marschall erzählt

 Auch ein Baumkletterer, der Bäume kappt, ist eine Möglichkeit, um die Waldwege sicher zu halten. Foto: Willi Hiegel

Auch ein Baumkletterer, der Bäume kappt, ist eine Möglichkeit, um die Waldwege sicher zu halten. Foto: Willi Hiegel

St. Ingbert. Wie ein Paukenschlag muss die Nachricht bei den Forstbetrieben und Waldbesitzern gewirkt haben, dass es seit dem 1. Januar 2013 eine neue Betriebsanweisung zur Verkehrssicherungspflicht gibt. Das klingt wenig spektakulär, ist aber sehr wohl "revolutionär", wie Förster Bodo Marschall erzählt. Bisher waren die Förster für die Verkehrssicherungspflicht gegenüber fremden Grundstücken zuständig. Aber auch innerhalb des Waldes kümmerte man sich, dann nämlich, wenn ausgeschilderte Wanderwege oder Bänke angelegt worden waren, die Wanderer und Spaziergänger in die "grüne Lunge" der Stadt lockten. "Das war ein schier unfassbarer Aufwand für uns, aber die Rechtsprechung war nun mal so", so Marschall.

Klage gegen Dillinger Hütte

Nicht einfacher wurde die Situation nach einem Unfall, der sich im Dillinger Hüttenwald im Juli 2006 zutrug, als eine Spaziergängerin von einem herabstürzenden Ast am Kopf getroffen wurde und seither im Wachkoma liegt. Im Namen der Verletzten erging eine Klage an die Dillinger Hütte, die Eigentümerin des "Unglücks"-Waldes, sowie die für dieses Grundstück zuständigen Diplom-Forstwirte. Seither wurde von den Waldbesitzern ein abschließendes Urteil sehnlichst erwartet. Gab es zuerst einen Freispruch, kam es nach einer Revision zu einer Verurteilung.

Doch vor vier Monaten urteilten nun die Karlsruher Richter des Bundesgerichtshofs, dass das Betreten des Waldes zu Erholungszwecken jedermann gestattet sei, die Benutzung des Waldes jedoch auf eigene Gefahr erfolge. Ein sich lösender Ast ist demnach eine "waldtypische" Gefahr. Aufatmen also bei den für die Verkehrssicherungspflicht im Wald Verantwortlichen.

Auch Bodo Marschall ist die Erleichterung über das abschließende Urteil anzumerken, denn "irgendwann hätten wir den Wald totverkehrsgesichert". Sein Tipp an alle Waldnutzer sei schon immer, mit offenen Augen durch den Wald zu gehen. Doch vollständig aus der Pflicht sind die Forstleute nicht, denn die Verantwortung für die Verkehrssicherung bleibt entlang von Straßen und Gärten weiter bestehen. Ganz recht machen könne man es sowieso nicht jedem, wie Förster Marschall immer wieder feststellt: "Mieter eines Hauses fragen bei Baumfällaktionen immer wieder, ob das sein müsse. Da sind wir schon mal Baummörder. Hauseigentümern dagegen geht der ,Kahlschlag' manchmal nicht weit genug, da die Bäume einigen die Morgensonne nehmen oder zuviel Laub werfen."

Arbeitserleichterung

Dabei komme man in beiden Fällen eben nur der Verkehrssicherungspflicht nach - nicht mehr und nicht weniger. Anhand der "Körpersprache der Bäume" könne ein Forstmitarbeiter abschätzen, ob ein Baum eine potenzielle Gefahr darstellt. Die neue Betriebsanweisung für die Verkehrssicherungspflicht führte nicht nur zu einem Aufatmen bei den Waldbesitzern, sondern sie sorgt auch für eine kolossale Kosten- und Arbeitserleichterung. Aus rund 600 Hektar zu sicherndem Wald rings um St. Ingbert wurden so auf einen Schlag "nur" 230 Hektar.

Augen offen halten ist für die Forstmitarbeiter aber weiterhin geboten, wenn auch nicht mehr in so umfassenden Maße. Aber Bodo Marschall richtet ebenso einen Appell an die Grundstückseigentümer: "Wenn ihr einen Baum in eurem Garten stehen habt, dann habt auch ihr eine Verkehrssicherungspflicht." Auch hier gelte es also, sich seinen "grünen Freund" mal genauer anzuschauen.

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