UCD schmerzt die Trennung

St. Ingbert. So ganz durch sind die Unabhängigen mit ihrer alten CDU-Fraktion noch nicht. Natürlich falle die Trennung schwer, sagt Rainer Hoffmann, ehrenamtlicher Bürgermeister St. Ingberts. "Ich hatte das Gefühl, ich werde nicht mehr ernst genommen", äußert Gerhard Selgrad und schüttelt den Kopf, als könne er die Entwicklung noch nicht fassen

St. Ingbert. So ganz durch sind die Unabhängigen mit ihrer alten CDU-Fraktion noch nicht. Natürlich falle die Trennung schwer, sagt Rainer Hoffmann, ehrenamtlicher Bürgermeister St. Ingberts. "Ich hatte das Gefühl, ich werde nicht mehr ernst genommen", äußert Gerhard Selgrad und schüttelt den Kopf, als könne er die Entwicklung noch nicht fassen. Oder Josef Preßmann: "Wir haben lange gezögert. Es war ein langer Denkprozess, bis wir sagten, es geht nicht mehr weiter." Wolfgang Weisgerber bringt es beim Redaktionsgespräch auf den Punkt: "Es ist, als habe man kurz vor der goldenen Hochzeit die Scheidung eingereicht."Im St. Ingberter Stadtrat gibt es neuerdings zwei CDU-Fraktionen (die SZ berichtete). Der neue Zusammenschluss neben der alten Fraktion hört auf den Namen Unabhängige Christdemokraten, kurz UCD. Fraktionschef des fünfköpfigen Bündnisses ist Markus Gestier. Und es ist eine illustre Runde, die da innerhalb der CDU ihren eigenen Weg einschlägt. Alle sind lange in der Partei, haben in verschiedenen Funktionen Verantwortung getragen. Gestier: "Hier sitzen 110 Jahre Stadtrat und 160 Jahre Parteivorstandsämter." Wichtig ist allen: Sie sind und bleiben Christdemokraten, auch wenn sie mit einer Mehrheit ihrer Fraktion nicht mehr zusammenarbeiten, ähnlich wie auch die SPD im Stadtrat in zwei Teile zerfallen ist.

Die Spaltung der CDU-Stadtratsfraktion nahm ihren Lauf mit dem Ausschluss von Markus Gestier. Der Ex-Fraktionschef hatte im vergangenen Jahr parteiintern gegen Georg Jung kandidiert, um zum OB-Kandidaten gekürt zu werden. Er unterlag, ein Riss ging seitdem durch die Fraktion. Die Jung-Anhänger warfen Gestier in der Phase des Wahlkampfes vor, gegen den eigenen Parteifreund Stimmung zu machen. Es folgte nach der Wahlniederlage Jungs der Rauswurf aus der Fraktion, gegen den sich Gestier juristisch zur Wehr setzte. Nachdem der Ausschluss durch war und Gestier als fraktionsloses Mitglied im Stadtrat saß, war Gerhard Selgrad im Mai der erste, der sich dem Weggefährten anschloss und der CDU-Fraktion den Rücken kehrte. Es folgten Rainer Hoffmann, Wolfgang Weisgerber, Josef Preßmann.

Die Geschichte reicht dabei noch viel weiter zurück. Hoffmann berichtet von Gesprächen, die bis auf den Sommer 2010 rückdatieren. Gesprächen mit der Fraktion, aber auch mit Stephan Toscani, Kreisvorsitzender der CDU und Finanzminister des Saarlandes. Der Bürgermeister erklärt, warum er als alter Polithase mahnend die Stimme erhob: "Dieser OB hat für die Stadt unheimlich viel erreicht, aber er hat vieles durch die menschliche Seite zunichte gemacht." Von einer "Verselbständigung des Gedankengutes" spricht er, die Jung immer weiter von politischen Freunden weggebracht habe, von einem schlechten Kommunikationsstil, sowohl im Umgang mit den Bürgern als auch innerhalb der Verwaltung. Auch mit Gestier sei er zu Toscani gegangen, berichtet Hoffmann: "Ich habe gesagt, es fängt an zu brennen." Nach allem, was die fünf UCD'ler sagen, war diese Einschätzung der Fraktion bekannt, wurde von vielen geteilt. So kam es dazu, dass der ehemalige CDU-Fraktionschef Gestier seinen Parteifreund und Amtsinhaber Jung herausforderte. Nach der Niederlage habe man die Fünf in der Fraktion geschnitten, die Austritte blieben kommentarlos. Warum sich eine Mehrheit hinter den Verwaltungschef stellte, erklärt Gestier mit "materiellen und persönlichen Abhängigkeiten", mit einem "Schweigekartell". Im Zusammenhang mit den Untersuchungen der Staatsanwaltschaft sagt er: "Jung hat ein gestörtes Verhältnis zu Recht und Gesetz."

Kommenden Mittwoch hat der Verwaltungschef seinen letzten Arbeitstag. Bekommt der Rat jetzt ein Sechser-Bündnis aus Familien-Partei, UCD, Grünen, Freien Wählern, Linken und Stadtverbands-SPD? Von einem Bündnis der Vernunft spricht Gestier, mit dem man in die neue Zeit unter OB Hans Wagner gehen wolle. Darunter könnten sich sieben Fraktionen finden, lädt er auch die FDP ein. Die Gestier-Fraktion spricht von einer Politik für die Bürger, die sie immer betrieben habe und weiter betreiben werde. Und sie sind zuversichtlich, dass es trotz der Zersplitterung besser laufen könne in der Kommunalpolitik. Wie es weitergeht, wenn 2014 Wahlen anstehen, lassen die Fünf offen. Der Trennungsschmerz ist noch zu präsent.

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