St. Ingbert fehlen die jungen Leute

St. Ingbert · Die Stadtratsfraktion der Familien-Partei will dem Einwohnerschwund und der Überalterung in St. Ingbert mit einem neuen Konzept entgegenwirken. Sie möchte vermehrt Studenten in die Stadt locken. Günstige Wohnungen könnten im Gegenzug dafür sorgen, dass in ihrer Mobilität eingeschränkte Senioren durch ihre jungen Mieter Unterstützung bei der Alltagsbewältigung erfahren.

 Für ihr Konzept "Studentenstadt St. Ingbert" fordert die Familien-Partei gezielte Anstrengungen von Politik und Stadtverwaltung. Foto: dpa

Für ihr Konzept "Studentenstadt St. Ingbert" fordert die Familien-Partei gezielte Anstrengungen von Politik und Stadtverwaltung. Foto: dpa

St. Ingbert. Junge Menschen braucht die Stadt. Zwei Drittel der St. Ingberter ist über 40 Jahre alt, die Gruppe der Unter-18-Jährigen dagegen macht gerade noch rund 15 Prozent aus. Um neue junge Gesichter zum Zuzug zu locken, geht die Familien-Partei jetzt in die Offensive. Eine Studentenstadt St. Ingbert schwebt ihr vor. Eckpfeiler dafür wären billige Altbauwohnungen in der Innenstadt, Wohnheime, ein attraktiver Busverkehr zur Uni, entsprechende Werbung, ein gutes Kulturangebot und ein Ansprechpartner bei der Stadtverwaltung, bei dem alle Aktivitäten zusammenlaufen. Alles in allem ein beachtliches Maßnahmenbündel, das nach einer beherzten Mitstreiter-Schar und einer entsprechenden Finanzausstattung schreit. Heinz Dabrock, Sprecher der Stadtratsfraktion, hat das Konzept seiner Partei jetzt im Detail in der SZ-Lokalredaktion vorgestellt: "Wir wollen mit dem Vorstoß Bewusstsein schaffen. In den Haushaltsberatungen 2013/14 sollte der Stadtrat schauen, wo wir anfangen könnten."Ausgangspunkt der Überlegungen ist der demographische Wandel. Mit der älter werdenden Bevölkerung ändert sich die Sozialstruktur. Dabei ist nicht nur die seit Jahren sinkende Einwohnerzahl ein Problem, sondern auch die speziellen Gegebenheiten und die Bedürfnisse einer alternden Gesellschaft. "Das Modell der Vorlese-Oma kennen wir", sagt Dabrock, "aber das Einkaufs- und Behördengangkind werden wir brauchen." In der modernen Gesellschaft könnten sich Senioren nicht auf die Unterstützung ihrer eigenen Kinder und Enkelkinder verlassen. Es bedürfe neuer Modelle, um sich im hohen Alter Unterstützung zu sichern. Studenten, die im Gegenzug günstig wohnen könnten, wären eine Möglichkeit. Jung und Alt könnten mit dieser sozialen Komponente wieder näher zusammenrücken. In der Nähe zum Uni-Campus sehen Dabrock und seine Fraktionskollegen einen entscheidenden Pluspunkt für die Stadt. Um Studenten nach St. Ingbert zu bringen, müsste mithin der Busverkehr von und zum Campus gestärkt werden. Der Bahnhof sollte für junge Leute aus Richtung Homburg/Blieskastel zum Zeit sparenden Umsteigebahnhof avancieren.

Zentraler Punkt des Vorstoßes sind gute Wohnungsangebote. Dabrock: "Die oberen Etagen der Geschäftshäuser in der Fußgängerzone stehen heute häufig leer. Daraus könnten Studentenwohnungen werden." Um das Thema voranzutreiben, solle die Stadt ein Modellgebiet "Studentisches Wohnen im Altbestand" ausweisen. Private Anbieter von studentischem Wohnraum sollten von der Stadt die notwendige Hilfe erhalten. Zum Beispiel mit zinsgünstigen Krediten für Sanierungsprojekte. Zudem schwebt der Familien-Partei ein Studentenwohnheim in der Mittelstadt vor. Das ehemalige Arbeitsamt ließe sich für diese Zwecke umbauen, meint der Fraktionsvorsitzende. Ein Neubau wäre aber auch am ehemaligen Gummi-Mayer-Gelände möglich. Um jungen Leuten einen Wohnsitzwechsel schmackhaft zu machen, bedarf es mehr als geeigneten Wohnungen und einer guten Busanbindung. Die Familien-Partei denkt etwa an eine Wohnsitzprämie, aber auch an Gutscheine für kulturelle Angebote. Zudem soll die Stadt eine Abteilung "Hochschulkontakte" einrichten und ein Wohnungskataster auf die Beine stellen.

Auch wenn für das Projekt "Studentenstadt St. Ingbert" viele Rädchen ineinander greifen müssen - Dabrock sieht die Notwendigkeit, mit Macht auf Veränderungen hinzuwirken. Der demographische Wandel zwinge einfach dazu.

Foto: privat

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